Wichtiger Schritt in richtige Richtung – ökosoziale Steuerreform

Ein (sehr) später Schritt Weiter Ökosoziale Steuerreform - ein unterschätzter Meilenstein

Titelstory; #120/2021, S. 3

08.11.2021

Großhandelspreise für Strom und Erdgas schnellen in die Höhe – Regierung startet Offensive für sauberes Heizen

Österreich hat (endlich) die Hürde genommen und dem klimaschädlichen Kohlendioxid einen Preis gegeben. Dies ist für die Erreichung der Klimaziele ein unerlässlicher Schritt. Dieser Entschluss ist ein Meilenstein der heimischen Klimaschutzpolitik.

Stufenweiser Anstieg

Mit 1. Juli 2022 kostet die emittierte Tonne CO2 in Österreich 30 Euro. Mit diesem Einstiegspreis folgt Österreich dem deutschen Vorbild. Jährlich wird die Abgabe stufenweise erhöht und erreicht 2025 einen Wert von 55 Euro (s. Grafik unten). Der Pfad wird durch eine flexible Komponente ergänzt, mit der starke Preisentwicklungen am Energiesektor ausgeglichen werden sollen: Sinken die Energiepreise deutlich, kann der CO2-Preis angehoben werden. Steigen Energiepreise stark, kann die Erhöhung im CO2-Pfad gedämpft werden.

Wie es danach weitergeht, hängt von den Entwicklungen auf europäischer Ebene ab, denn ab 2026 ist ein EU-weit einheitliches Emissionshandelssystem geplant. „Die CO2-Bepreisung wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Österreich die CO2-Emissionen senkt. Beim geplanten CO2-Preispfad werden etwa im Jahr 2025 1,5 Mio. Tonnen CO2 eingespart“, rechnet Klimaschutzministerin Leonore Gewessler vor.

Für den Alltag bedeutet die Einführung folgendes: Eurosuper wird um 7 Cent/Liter teurer, Diesel um 8 Cent/ Liter. Geht man von durchschnittlichen Fahrleistungen aus, kostet der Treibstoff jährlich durch die Abgabe um rund 150 Euro mehr. Heizöl-Preise werden ebenfalls um 8 Cent/Liter steigen. Bei 3.000 Liter Jahresverbrauch ergeben sich Mehrkosten von 240 Euro. Zu guter Letzt müssen die Erdgaskunden mit einer Mehrbelastung von 0,66 Cent/kWh rechnen. Bei 15.000 kWh Jahresverbrauch ergibt sich ein Plus von 99 Euro.

„Jeder Euro, der durch den CO2-Preis eingenommen wird, kommt zurück zu den Menschen in Österreich. Die gesamten Einnahmen werden so rückvergütet, dass sich klimafreundliches Verhalten und klimafreundliche Produktion immer mehr auszahlen“, versichert die Ministerin.

Klimabonus für alle

Mit der Einführung der CO2-Abgabe bekommen alle Menschen, die in Österreich leben, jährlich einen Klimabonus in der Höhe von mindestens 100 Euro – jedes Kind bekommt 50 Euro. Mit dem Klimabonus will man einerseits eine Umverteilung erreichen und andererseits einen Regionalausgleich schaffen.

Laut Ministerium verursachen die reichsten 10 % allein mit ihrer persönlichen Mobilität so viele Abgase wie die ärmsten 10 % für ihren gesamten Energiebedarf. Beim Regionalausgleich geht es darum, Bewohnern von Gemeinden mit wenig öffentlichem Verkehrsangebot einen größeren finanziellen Ausgleich zu bieten. Dabei werden vier Kategorien unterschieden. Die öffentliche Anbindung (ÖV-Güteklasse) gemeinsam mit dem Ausbau der Infrastruktur wie Schulen, Einkaufsmöglichkeiten etc. (Urban-Rural-Typologie) ergeben die vier Kategorien. In der höchsten werden 200 Euro im Jahr ausbezahlt. Die Kategorisierung wird von der Statistik Austria vorgenommen.

7.500 Euro für Kesseltausch

Europas Abhängigkeit vom russischen Ergas sowie Erdöl kann im Augenblick auf den Großhandelsplätzen nachvollzogen werden. Die Erdgas-Großhandelspreise sind im Oktober mehr als fünf Mal so hoch wie vor einem Jahr, geht aus dem Gaspreisindex der Österreichischen Energieagentur hervor (s. Grafiken auf Titelseite). Durch die europäische Kopplung ziehen die Gasauch die Strompreise in die Höhe. Der Strompreisindex stieg im November so stark wie nie zuvor. Diese Abhängigkeit und Preissteigerungen werden sich auf alle Lebensbereiche auswirken, wie beispielsweise durch teurere Lebensmittel, weil zum Beispiel die Düngerpreise ansteigen werden.

„Wenn Gasriesen und Ölmultis aus geopolitischen Interessen die Preise erhöhen, leiden die Kunden und Kundinnen in Österreich. Der einzige Ausweg: Wir müssen die Abhängigkeit beenden. Darum startet das Klimaschutzministerium eine Offensive für sauberes Heizen mit zusätzlich einer halben Mrd. Euro“, heißt es aus dem Ministerium.

2022 werden die Förderungen für den Umstieg auf neue, saubere Heizsysteme deutlich erhöht. Für einen Heizungstausch gibt es in Zukunft bis zu 7.500 Euro.

Dazu gibt es künftig auch neue steuerliche Anreize: Ein maßgeblicher Teil der nicht-geförderten Kosten des neuen, sauberen Heizsystems werden über zehn Jahre absetzbar sein. Das gleiche gilt für thermische Sanierungen.

Wer sich den Umstieg mit dieser Förderung nicht leisten kann, soll zukünftig mehr Unterstützung bekommen. Menschen mit geringem Einkommen wird die neue Heizung bis zu 100 % gefördert.

Kritische Stimmen

Neben Lob gibt es auch Kritik von vielen Seiten. Der größte Kritikpunkt ist der als zu niedrig erachtete Einstiegspreis. Die Umweltschutzorganisationen haben sich mindestens 50 Euro pro Tonne erwartet.

Weitere Kritikpunkte sind das noch immer vorhandene Dieselprivileg sowie die fehlende Reform der Pendlerpauschale.