Ökosoziale Steuerreform – ein unterschätzter Meilenstein

Wichtiger Schritt in richtige Richtung – ökosoziale Steuerreform Weiter Trends?

Gastkommentar; #120/2021, S. 3

08.11.2021

Was nach dem ersten Oktober-Sonntag noch der große Aufreger war,

ist durch Regierungskrise und -Umbildung wieder von den Titelseiten verschwunden: die ökosoziale Steuerreform. Ich bin aber davon überzeugt, dass diese Österreich nachhaltiger prägen wird. Ein zentraler Aspekt dieser Reform ist die Bepreisung von CO2-Emissionen. Damit bekommt umweltschädliches Verhalten endlich einen Preis – eine Forderung, die Ex-Vizekanzler Josef Riegler bereits im Jahr 1989 formuliert hat.

Kosten hat umweltschädliches Verhalten immer schon verursacht. Es ist ja nicht so, dass Hagelunwetter, Überflutungen oder Dürre keine Kosten verursachen. Die Münchner Rück schätzt die Schäden durch wetterbedingte Naturkatastrophen seit 1980 auf rund 4.200 Milliarden US-Dollar. Beinahe eine Million Menschen kamen dabei ums Leben. Einzig haben die Kosten nicht jene getragen, die die Schäden verursacht haben.

Nein, Kosten für die Tonne CO2 in der Höhe von 30 Euro decken natürlich die Schäden nicht ab. Natürlich ist der Preis nicht schmerzhaft genug, um rasch die Emissionen zu senken und Österreich klimaneutral zu machen. Aber es ist ein erster Schritt und verdeutlicht den Menschen, sich auf Veränderungen einzustellen und ihre Heizung und ihre Mobilität umzustellen. Trotzdem ist die im vergangenen Jahr erneuerte Gasheizung oder der gerade angeschaffte gebrauchte Benziner nicht sofort Schrott. Aber mit steigenden CO2-Preisen werden Investitionen in nicht-fossile Heizsysteme oder der Umstieg auf eine umweltfreundliche Mobilitätsform auch zunehmend finanziell vernünftiger.

Genauso ist der Klimabonus zu bewerten. Der macht noch niemanden reich und kann auch die erhöhten Mobilitätskosten von Menschen, die am Land wohnen, nicht ausgleichen. Laut Konsumausgaben der Statistik Austria gibt ein durchschnittlicher Haushalt in Österreich monatlich 503 Euro für die Mobilität aus. In Wien sind es 356 Euro. Der Klimabonus eines durchschnittlichen Haushaltes deckt also mehr oder weniger die Mobilitäts-Mehrkosten ländlicher Haushalte für einen Monat ab. Insofern ist der gestaffelte Klimabonus ein erster Schritt in Richtung Fairness für die Menschen am Land. Er ermöglicht eine etwas sanftere Landung, setzt aber die Logik des Systems nicht außer Kraft. Dreckschleudern werden teurer und zahlen sich recht bald nicht mehr aus. Die Botschaft: Du musst vielleicht nicht heute alles neu anschaffen. Aber durch die laufend steigende Höhe der Bepreisung – und die gewährten Förderungen auf Alternativen – ist die Botschaft sehr klar.

Die Steuerreform ist (abgesehen von den anderen Regelungen) nicht mehr, aber auch nicht weniger als das: ein Schritt in die richtige Richtung. Trotz der Kritik, dass der CO2-Preis zu niedrig sei, dass jene benachteiligt werden, die sich ihr Heizsystem nicht aussuchen können, dass Pflege kein Thema war, trotz dieser zum Teil nachvollziehbaren Kritikpunkte sollten wir diesen ersten Schritt gehen und den Kernpunkt lesen: Umweltschädigendes Verhalten wird teurer. Im ersten Schritt durch eine ansteigende Lenkungsabgabe und in einem nächsten eventuell in einem europäisch harmonisierten CO2-Handelssystem (wie es die Kommission im „Fit for 55“-Paket vorschlägt).

Wir können nicht alles schlechtreden, nur weil die Welt nachher nicht perfekt ist. Es wundert sich ja auch keiner, wenn wir mit dem ersten Schritt einer Wanderung noch nicht am Ziel sind.