Ausgabe 116/2020, S. 8

16.10.2020

Der Entwurf „Mögliche Elemente einer Biodiversitätsstrategie Österreich 2030“ befindet sich derzeit in einer öffentlichen Konsultation. Jede/Jeder kann hier seine Meinung dazu kundtun. Leider finden sich die Anregungen der Interessenvertretung nicht in den Ergebnissen wieder. Bei genauerer Betrachtung der „Spezifischen Ziele für Wälder“ scheint es, dass eine nachhaltige und multifunktionale Bewirtschaftung der Wälder nicht mehr erwünscht ist und damit die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen des Regierungsprogramms 2020 – 2024 verunmöglicht wird. So wird z. B. gefordert, dass 10 % der österreichischen Waldfläche gänzlich Außer-Nutzung gestellt und die strukturreichen Altbaumbestände mit naturnaher Baumartenzusammensetzung ebenfalls geschützt werden sollen. Weiters soll der Totholzanteil auf 10 % des Vorrates und die Kohlenstoffspeicherung kontinuierlich über den Durchschnittswert der letzten Periode der Österreichischen Waldinventur hinaus erhöht werden.

Die präsentierten Vorschläge wurden offensichtlich ohne Berücksichtigung des Regierungsprogrammes sowie vorhandener Studien und Strategien erstellt. Klimawandel und Biodiversitätsverlust werden als die größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit genannt. Dass aber die Klimakrise in erster Linie durch den ungehemmten Einsatz von fossiler Energie verursacht wurde und wird und damit auch die Artenvielfalt gefährdet, wird negiert. Viele Tier- und Pflanzenarten werden aufgrund der Erderwärmung einen Großteil ihres Lebensraumes verlieren und sind zum Teil auch vom Aussterben bedroht. Der Flächenverbrauch und die Flächenversiegelung verschärfen diese Entwicklung. Beides hat mit der in Österreich praktizierten multifunktionalen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung nichts zu tun. Vielmehr ist es ein Faktum, dass die umsichtige, von Generationen geprägte Waldbewirtschaftung und die Holzverwendung ein Beitrag zum Klimaschutz sind und aktiv zum Biodiversitätsschutz beitragen. Warum dann als Konsequenz die Holznutzung massiv eingeschränkt werden soll, ist nicht nachvollziehbar.

In einer Studie der Universität für Bodenkultur wurde errechnet, dass bei einer Außer-Nutzung-Stellung von 10 % der Waldfläche rund 100.000 Menschen arbeitslos würden. Unter aktuellen Umständen würde dies eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit um 27 % bedeuten. Zusätzlich würde auch weniger Fläche für die Holzproduktion zur Verfügung stehen, dies würde den Druck zur Intensivierung auf der verbleibenden Fläche erhöhen. So wird die in Mitteleuropa bevorzugte und geschätzte multifunktionale und integrative Waldbewirtschaftung – alle Wirkungen des Waldes wie Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung sowie auch Naturschutz werden auf einer Fläche zur Verfügung gestellt – zur Segregation gedrängt. Zu erwartendes Ergebnis: Naturschutzgebiete ohne Eingriffe, daneben Turboplantagen mit intensiver Bewirtschaftung im Kurzumtrieb nach brasilianischem Vorbild, um den Holzbedarf irgendwie decken zu können. Ein Ansatz, der vor allem in einem Gebirgsland wie Österreich nicht umsetzbar und forstpolitisch unerwünscht ist. Dies kann aber wohl auch nicht Ziel einer vorausschauenden Naturschutzpolitik sein.

Verbliebene Urwälder sind in Österreich schon seit Langem streng geschützt. Der österreichische Wald ist aber zum Großteil eine vom Menschen über die Jahrhunderte gestaltete Kulturlandschaft, wie auch Weinterrassen, Streuobstwiesen und Trockenrasen Teile unserer nachhaltig geprägten Kulturlandschaft sind. Wenn der Schutz strukturreicher Altbaumbestände mit naturnaher Baumartenzusammensetzung gefordert wird, sollen offenbar die vielen WaldbesitzerInnen für ihr bisheriges Tun und Handeln bestraft werden, die nicht nur auf eine Baumart gesetzt haben. Will man tatsächlich die WaldbesitzerInnen, die von der Holznutzung leben müssen, in eine Art Plantagenbewirtschaftung treiben?

Die österreichische Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 die Klimaneutralität umzusetzen. Dafür ist es unumgänglich, den Einsatz CO2-intensiver bzw. fossiler Rohstoffe und Materialien auf ein Minimum zu reduzieren und durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. Das größte Potenzial dabei hat Holz. Während des Baumwachstums wird CO2 der Atmosphäre entnommen und nach Umbau als Kohlenstoff im Holz gespeichert. Stirbt dieser Baum dann ab, gibt er genau jene Menge an CO2 ab, die er zuvor aufgenommen hat. Ein in sich geschlossener Kohlenstoffkreislauf. Natürlich kann der Wald nun zum reinen Abgasspeicher für fossile Rohstoffe degradiert werden, dies geht jedoch nur eine bestimmte Zeit. Die Studie „CareforParis“ zeigt ganz deutlich, dass der Wald nur eine begrenzte Dauer als Kohlenstoffsenke zur Verfügung steht und klimakrisenbedingt anschließend ebenfalls zur Quelle wird. Also die Strategie des „Abgascontainers“ ist nicht zukunftsfähig. Die Studie liefert aber auch die Antwort darauf, wie der Wald in optimaler Weise zum Klimaschutz beitragen kann: Holz als Ersatz für fossile Rohstoffe und die damit vermiedenen Emissionen!

Durch die aktive Waldbewirtschaftung wird der wertvolle Rohstoff Holz zur Verfügung gestellt, welcher durch die Verarbeitung in langlebigen Holzprodukten sowie durch den Ersatz kohlenstoffintensiver Materialien so auch am besten zum globalen Klimaschutz beiträgt. Durch die Waldbewirtschaftung und vor allem auch durch laufende Pflegemaßnahmen wird die Biodiversität weiter gefördert. Vor allem durch die fortschreitende Klimakrise sind wir gefordert, klimafitte Waldbestände weiter zu entwickeln und aufzubauen. Wir sind gefordert, mit standortgerechten Arten und dem Einbringen geeigneter Herkünfte unterstützend einzugreifen, damit der Wald auch den künftigen Generationen mit seinen vielfältigen Wirkungen zur Verfügung steht. Rein ideologische Zugänge zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen sind fehl am Platz – die durch Jahrhunderte gelebte Waldwirtschaft ist die Antwort für unsere gemeinsame Zukunft!