Kommentar; #121/2022, S. 1

19.04.2022

Jetzt haben jene Konjunktur, die es immer schon gewusst haben. Die immer schon gewarnt haben vor der Abhängigkeit von Energieimporten. Nicht nur, aber vor allem von denen aus Russland, die seit Beginn des Ukraine-Kriegs als besonders problematisch gelten – wodurch, nebenbei bemerkt, die Importe aus dem in Sachen Menschenrechte ebenfalls bedenklichen arabischen Raum unverdientermaßen aus der Kritik geraten. Aber der Leserschaft der ökoenergie muss man die Vorzüge heimischer erneuerbarer Energieträger ohnehin nicht mehr nahebringen. Es wäre aber völlig verfehlt, sich nun in rechthaberischer moralischer Überlegenheit zu sonnen – denn die momentane (und hoffentlich anhaltende) Popularität der Erneuerbaren ist noch lange kein Grund für Zufriedenheit. Mag sein, dass es gelingt, deren Ausbau zu beschleunigen. Es geht aber um mehr: nämlich um ein tieferes Verständnis von wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Verflechtungen. Schon die Corona-Krise hat gezeigt, wie fragil internationale Handelsbeziehungen sein können, wenn es zu unvorhergesehenen Störungen im System kommt; die Folgen der russischen Aggression bestätigen das nur. Es geht aber darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen – und nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Die Analyse zeigt: Ein Gutteil unseres Wohlstands beruht auf internationalem Austausch, wozu neben dem Handel und der Industrieproduktion auch der Tourismus gehört. Und davon wollen wir möglichst wenig verlieren, ein Abkoppeln von der Weltwirtschaft wäre ruinös. Was wir aber machen müssen (und was seit dem Landesverteidigungsplan der 1970er Jahre bekannt sein müsste): Wir brauchen strategische Vorsorge für Krisenzeiten. Umfassende Landesverteidigung hat das einmal geheißen. Sie gehört wiederbelebt.