Kommentar aus der Printausgabe 126

15.12.2023

(Kommentar aus der Printausgabe 126) – Verdächtig ruhig ist es um das Thema Klimawandel geworden, doch ist es leider brennender denn je. Zum einen geht es in den kommenden Jahren um den Ausstieg aus der Fossilenergie und damit um den konsequenten Aufbau eines neuen solaren Energiesystems, zum anderen um den Abbau von riesigen Mengen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, um gegen Ende des 21. Jahrhunderts wieder unter den Wert von 400 ppm zu kommen.
Mit der Kraft der Sonne muss es gegen die Klima- und Energiekrise gehen, letztlich geht es um Überleben oder Scheitern. Ein globaler Anstieg der Temperaturen – eine durchaus realistische Erwartung – würde in Binnenländern wie Österreich zu Temperaturanstiegen von 4° bis 6° Celsius führen. Selbst ein geringfügiger Anstieg an Treibhausgasemissionen lässt die Welt in ein Toll- und Hitzehaus taumeln, das lässt sich nicht bezweifeln.

Hitzewellen werden auch vor Österreich nicht haltmachen – mit Temperaturen bis zu 45° Celsius. Sie werden wie in Frankreich zu zahlreichen Toten führen. In vielen Teilen der Welt werden die Temperaturen auf über sage und schreibe 50° Celsius steigen. Teile des Nahen Ostens und Afrikas werden mit massiven Entsiedelungen zu rechnen haben.
Waldbrände ohne Zahl, Dürreperioden und daraus folgende Missernten gibt es schon heute. Sie verursachen rasche Austrocknungen der Böden, stabile und langanhaltende Hochdrucklagen werden extreme Ernteausfälle und Hungersnöte zur Folge haben. Steppenbildungen in Mittel- und Südeuropa leiten sich von diesen Klimafolgen ab. Überschwemmungen, Murenabgänge sowie Tornados mit Intensivniederschlägen zeigen bereits die Kehrseite des beängstigenden Katastrophenszenarios.
Der Rückgang der Alpengletscher sowie des Grönlandeises und die globale Erwärmung der Antarktis werden das Ihre dazu beitragen und durch Rückkoppelungseffekte Kipp-Punkte auslösen. Dazu zählen der Zusammenbruch des Regenwaldes im Amazonasgebiet, das verstärkte Auftauen der Permafrostböden – mit daraus verursachten Methangas-Emissionen, sowie der starke Anstieg des Meeresspiegels, die Zunahme der Wüsten und der Verlust fruchtbarer Ackerböden sind weitere wichtige Kipp-Punkte, die der Menschheit mit einem 3°-Celsius-Temperaturanstieg ins Haus stehen.
Klimaziele sind nur durch ein Wärmegesetz für erneuerbare Energien mit klaren Ausstiegsterminen für Öl und Gas sowie ein großzügiges Förderungsprogramm für den Kesseltausch von fossil auf erneuerbar zu erreichen. Strom muss im Sommer und Winter zu 100 % aus erneuerbaren Quellen stammen. Die Förderung der E-Mobilität für Pkw und Lkw ist ein Gebot der Stunde, dem Tanktourismus ist durch eine Ökosteuer-Reform Einhalt zu gebieten.

Atomenergie und Erdgas sind keine erneuerbaren Energieressourcen – obwohl sie von Brüssel so eingestuft werden. Für die EU sind das Übergangstechnologien, ein geradezu horribler Nonsens. Gaskonzerne und EU-Mitgliedsländer antichambrieren dafür mit Erfolg bei der EU-Kommission, und das seit Jahrzehnten. Der „Erfolg“ wird sich einstellen: Diese Energiebrücken werden in das Klimachaos führen. Wegen der Gasverluste durch ständig steigenden Methanausstoß in der Atmosphäre – immerhin ist Methan zwanzigmal schädlicher als Kohlendioxid. Mehr Erdgas heißt daher unter dem Strich nichts anderes als die Beschleunigung des Klimawandels. Es ist unverständlich, warum Europa die Gaswirtschaft so vehement fördert und die Mittel für die Erneuerbaren wie Wind und Photovoltaik einfriert. Regionen, die den Umstieg konsequenter vollziehen, werden als „Pionier“-Region eine Reihe von Vorteilen einheimsen.

Die ökosoziale Steuerreform ist konsequent weiterzuführen, sie muss entscheidende Signale für Investitionen darstellen. Für Öl- und Gasheizungen darf es in neuen Gebäuden keine Förderung für fossile Energie mehr geben. Sichere Gasversorgung ist nicht durch Ausbau der Importe, sondern durch Verringerung der Gasnachfrage durch Ausbau der erneuerbaren Energien im Inland abzusichern. Wichtige ergänzende Maßnahmen sind Gesetze zur Verfahrensbeschleunigung wie ein befristetes Aussetzen der Umweltverträglichkeitsprüfung für Windräder, auch die Bodenversiegelung muss gestoppt werden. Eine gesetzliche Bevorratung von Pellets sowie ein Auslaufen der Steuerbefreiung für Erdgas sollten ebenfalls ins Auge gefasst werden. Der Klimawandel ist viel weiter fortgeschritten als wir glauben.

Wie auch immer: Der Ausbau der solaren Energiewirtschaft ist alles, nur keine Bedrohung. Er ist eine riesige Chance. Er wird Hunderttausende Arbeitsplätze in Österreich schaffen. Die Installation von Photovoltaikanlagen, Biomasseheizwerken und Windrädern, aber auch Energiespeichern werden einen zusätzlichen Boom erleben. Die EU ist mit ihrem Energie- und Umweltprogramm „Fit for 55“ auf einem krassen Holzweg. Mit der Förderung von Erdgas und Atomstrom weist Brüssel einen falschen Weg – zurück in antiquierte, teure, umweltfeindliche und zentralistische Konzepte. Programme, die uns in die Sackgasse geführt haben. Mit ihnen ist keine Zukunft zu gewinnen. Sie sind weder bürgernah noch dezentral und schon gar nicht kostengünstig und klimafreundlich.
Ein weiterer Pluspunkt soll nicht unerwähnt bleiben: Die Energiewende wird verhindern, dass Österreich weiter viele Milliarden Euro an Länder überweist, die mit unserem Geld Kriege führen und/oder Terror subventionieren, mutmaßt
Ihr Ernst Scheiber.