Holzkraftwerk für Perg – regional, hocheffizient und innovativ

Barcelona - Mitten im Waldbrandgebiet Weiter Umsetzungsstärke ist gefragt

Aus der Branche #125/S. 13

31.07.2023

Mit Holzgas klimapositiv Energie erzeugen – das schafft neuerdings die NAWARO ENERGIE Betrieb GmbH mit Sitz in Zwettl am neuen Standort im oberösterreichischen Perg. Hier werden im Holzgaskraftwerk Strom, Wärme und Biokohle samt Negativemissionen aus Hackgut hergestellt. Alle Beteiligten sind sich über die Vorteile der neuen Anlage einig: hocheffiziente Energieproduktion, jahreszeitlich unabhängig, regional und CO2 -senkend.

In der Gemeinde betreibt Stefan Öllinger seit 2006 die Bioenergie Perg. Ein Heizwerk mit zwei Kesseln und einer Gesamtleistung von 9 MW. Hierbei ergibt sich immer die Herausforderung, das Werk im Sommer effizient zu betreiben. Daraus entstand die Idee, die Grundlast im Sommer durch eine Holzvergasungsanlage zu decken. Mit Nawaro fand man einen idealen Partner, der dieses Projekt dann auch in die Tat umsetzte. Geplant wurde die Anlage durch das Ingenieurbüro Riebenbauer, Pinggau. Dazu Leo Riebenbauer: „In Perg trifft regionale Energieversorgung auf innovative Technik mit einem integrierten Standortkonzept und davon profitieren alle.“

STROM-WÄRME-BIOKOHLE

Anfang 2023 wurden die zwei Holzvergasungsanlagen des Typs CW1800-500 von Syncraft in Betrieb genommen. Das Holzgaskraftwerk hat eine Brennstoffwärmeleistung von 3,6 MW. Im Detail: 1.000 kW elektrische, 1.540 kW thermische (Hochtemperatur 90° C) sowie 500 kW thermische Energie (Niedertemperatur 50° C) für die Hackschnitzeltrocknung. Auf der Dachfläche ist auch eine 104 kWp starke PV-Anlage installiert, die Teile des Eigenstrombedarfs deckt. Ergänzt wird das System durch einen 50 m 3 umfassenden Pufferspeicher für den Spitzenlastausgleich. Mit der Bioenergie Perg besteht eine Kooperation. Rund 5.600 atro-Tonnen G50-Waldhackgut werden im Jahr gebraucht, das im Umkreis von rund 60 km aus dem Mühl- und Waldviertel stammt. Dieses muss auf mindestens 10 % Wassergehalt getrocknet werden, bevor es über ein Schneckensystem samt Vorlagespeicher der Pyrolyse und dem Schwebebettreaktor zugeführt wird. Ergebnis: Holzgas und Pflanzenkohle.

BIOKOHLE STATT ASCHE

Nach der Abkühlung und Reinigung des Holzgases erfolgt die Verbrennung im Gasmotor. Dabei entstehen Strom und Hochtemperaturwärme von rund 90° C im Vor- und 55° C im Rücklauf. Gleichzeitig werden täglich rund neun Kubikmeter Pflanzenkohle produziert, die in 2,5 m 3 große Big-Bags gefüllt werden. Die Kohle kann zu weiteren Produkten verarbeitet werden. Wird die Pflanzenkohle zum Beispiel in der Landwirtschaft eingesetzt, trägt sie zur Bodenverbesserung und langfristigen Kohlenstoffspeicherung bei. Pflanzenkohle kann auch in anderen Materialien als Zusatzstoff Verwendung finden. Dadurch ergeben sich Negativemissionen. Diese haben nicht nur einen Nutzen, sondern auch ihren Wert in Form von CO2 -Zertifikaten, wenn man sie verkauft, weiß Syncraft-Geschäftsführer Marcel Huber.

GRÖSSTE ANLAGE IN ÖSTERREICH

Für Marcel Huber ist es das größte umgesetzte Projekt in Österreich und ein „Role-Model“ für andere Fernwärmenetze. Ein weiterer wichtiger Vorteil für Huber ist, dass bei zwei Anlagen eine getrennte Revision vorgenommen werden kann, wodurch der Gasmotor immer von einer Linie versorgt wird.

„Der Trend geht in Richtung kleine, dezentrale und hocheffiziente Energieerzeugung. Das zeigt nicht nur der Markt, sondern auch die Gesetzgebung, wie es in der Novelle der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie definiert ist“, ergänzt Planer Leo Riebenbauer überzeugt.

ETABLIERTE TECHNOLOGIE

„Uns war es wichtig, auf eine etablierte Technologie setzen zu können, die unsere Erwartungen an Effizienz und damit auch an Wirtschaftlichkeit erfüllt“, erklärt Hans-Christian Kirchmeier, Nawaro-Geschäftsführer, und verweist auf einen Brennstoffnutzungsgrad von über 90 %. Zum Vergleich: Das aktuelle Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verlangt 70 %. Die Nachfrage bei Gemeinden und Unternehmen nach „erneuerbaren“ Lösungen ist laut Kirchmeier sehr groß, der Ausbau aber von den rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig – nicht nur auf Bundes-, sondern auch auf Landesebene. Deshalb lud er auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, der sich sichtlich beeindruckt zeigte, zu einem Rundgang ins neue Werk ein.

Autor: Antonio Fuljetic