Mediterrane Forstwirtschaft und Bioenergienutzung
Die katalanische Hauptstadt Barcelona ist von ausgedehnten Kiefern- und Eichen-Mischwäldern umgeben, samt eines kleinen Rotbuchen-Vorkommens. Die Region ist zu 70 % bewaldet. Es gibt kaum „geplante“ Forstwirtschaft. Die Wälder sind meist aus Naturverjüngung entstanden und von Negativauslese geprägt. Sägefähiges Kiefern- und Eichenholz wird entfernt, der Rest des Bestandes verbleibt in der Regel ungepflegt. Durch die feuchte Meeresluft ist vor allem die Verbuschung ein enormes Problem.
Die Wälder sind teilweise kaum zu betreten. Lianen, Efeu und andere Arten bilden mancherorts ein dichtes Geflecht bis unter die Baumkronen. Besonders die Kiefer breitet sich rasch aus und überwuchert ehemalige Weingärten, Olivenhaine und auch das bestehende Wegenetz. Der Holzvorrat hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Der Waldbesitz ist in kleinen bzw. mittleren Größen (>100 ha gilt als groß) auf Privatpersonen verteilt. Das Interesse an der Bewirtschaftung ist gering. Die Besitzer sind in die Städte abgewandert, die zunehmend ihren Wald als reinen Rückzugsraum für die Natur sehen. Einer Bewirtschaftung steht man zunehmend skeptisch gegenüber.
FEUERREGEN
Durch die ungepflegten Wälder können Waldbrände kaum mehr unter Kontrolle gebracht werden. Die Feuerwehr beschränkt sich oftmals auf die Errichtung von „Brandmauern“, um Siedlungen zu schützen. Die direkte Bekämpfung ist aufgrund der enormen Brandlast kaum möglich. Die Feuerwehr appelliert an die Politik, in die Waldpflege zu investieren, da die Brände sonst – auch mit der besten Ausrüstung – nicht mehr bekämpft werden können. Spaniens Feuerwehr gilt weltweit als unumstrittene Nummer eins in der Waldbrandbekämpfung.
Die Feuer entwickeln durch den hohen Holzvorrat spezielle Wetterphänomene, indem der Brand einen Sog entwickelt, der Luft aus der Umgebung ansaugt und das Feuer mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt. Gleichzeitig wird Brennmaterial durch die aufsteigende Luft hunderte Meter in die Höhe geblasen und über weite Strecken verteilt. Die lokale Bevölkerung nennt das „Feuerregen“. Es stellt sich nicht die Frage, ob der Wald brennen wird, sondern nur wann und wie stark.
HOLZNUTZUNG
Das hochwertigste Waldprodukt ist Sägerundholz für die Produktion von Paletten. Das Holz dafür muss lediglich 2,5 Meter lang sein. Optische Holzschäden spielen keine Rolle. Die Eiche wird als klassisches Brennholz verwendet. Das Hackgut wird in zwei verschiedenen Qualitäten produziert. Einerseits grobes Hackgut (G100) mit Feinanteilen für Kraftwerke bzw. Prozessenergie in der Industrie und andererseits Qualitätshackgut (G30), das zusätzlich gesiebt wird. Gehandelt wird die Biomasse in Tonnen mit 30 % Feuchtigkeit.
Durch die Nutzung von Qualitätshackgut haben sich eigene Unternehmen entwickelt, die Hack- und Siebanlagen betreiben, eigene Ernteteams führen und Paletten-Holz, Qualitäts- und Industriehackgut vertreiben. Es gibt eine Vielzahl an kleinen Hackgutkesseln (meist aus österreichischer Produktion), die von diesen Unternehmen versorgt werden.
Durch das milde Klima steht hier vor allem die Produktion von Warmwasser für Hotels und öffentliche Gebäude wie Schulen und Krankenhäuser im Vordergrund. Das Hackgut wird auch vielfach in das benachbarte Frankreich geliefert.
WALDPFLEGE STATT BEWIRTSCHAFTUNG
Ziel der Waldpflegeeingriffe ist eine dauerhafte Überschirmung und ein Zurückdrängen der Verbuschung. An schlechteren Standorten ist es für die Waldbesitzer schwierig, jemanden zu finden, der die Arbeiten kostendeckend erledigen kann. Teilweise wird versucht, nach den Pflegemaßnahmen wieder Waldweiden einzuführen, um die Vegetation zu unterdrücken. Die Forstarbeit fällt hier eher unter Waldpflege als unter Holzproduktion.
Durch die Trockenheit der vergangenen fünf Jahre (normalerweise 600 mm Niederschlag, aber in den vergangenen Jahren nur 400 mm) und die darauffolgende schlimmste Dürreperiode seit 40 Jahren im ersten Halbjahr, ist auch die Kiefer massiv unter Druck geraten. Es kommt zu absterbenden Altbäumen. Auch Pilzkrankheiten haben nach Schneebruch in den umliegenden Bergen zu Totalausfällen geführt.
ÖKONOMIE UND LOGISTIK
Die Waldbesitzer bekommen meist einen ausgehandelten Betrag von den Ernte-Unternehmen. Die Ernte erfolgt meist motormanuell (händische Fällung und Rückung mit Schlepper). Harvester und Forwarder werden aufgrund ihres schlechten Rufes selten eingesetzt. Bei der Waldpflege wird etwa die Hälfte des Baumbestandes bzw. des Holzvorrates entfernt, man versucht die Ernterückstände aus Brandschutzgründen möglichst zu entfernen. Es wird mit einem durchschnittlichen Holzertrag von etwa 45 t/ha (30% Wassergehalt) gerechnet. Die Erntekosten liegen bei 20 bis 22 Euro/t. Der Waldbesitzer erhält auf guten Standorten 7 bis 15 Euro/t, bei schlechten Standorten gar nichts. Etwa 25 % der Ernte ist Paletten-Holz, mit dem etwa 60 bis 70 Euro/t erlöst werden können. Der Rest ist Energie- und Brennholz mit einem Erlös frei Waldstraße von etwa 35 Euro/t. Holz für Qualitätshackgut (37 % der Ernte) wird meist in Form von Rundholz zur Aufbereitung und Siebung transportiert und von dort verteilt. Für gesiebtes Waldhackgut kann zugestellt etwa 110 Euro/t erzielt werden. Für den Transport nach Frankreich mit einem Lkw (90 m 3 ) werden etwa 250 Euro veranschlagt, also etwas mehr als 10 Euro/t. Aus den Nebenprodukten der Paletten-Produktion werden Pellets erzeugt.
EINGESETZTE TECHNOLOGIEN
Die Energiepreise liegen auf dem Niveau Zentraleuropas. Raumwärme wird in dieser Region kaum benötigt, die Temperaturen fallen im Winter selten unter fünf Grad, im Unterschied zu etwa zwei Drittel Spaniens, das von kontinentalem Klima mit sehr kalten Wintern geprägt ist.
In den Städten dominieren Gasthermen und Elektroheizungen. Am Land wird in alten Gebäuden mit Holz, in neueren Gebäuden meist mit Heizöl und, wo möglich, mit Erdgas geheizt. Strom ist in Spanien teuer, wodurch er selten zum Heizen eingesetzt wird, allerdings boomen aktuell Wärmepumpen. Gas kostet etwa ein Drittel des Stroms.
Kohlekraftwerke werden geschlossen, einige davon wurden auf Biomasse umgerüstet. Gas-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen spielen in Industriebetrieben mit hohem Wärmebedarf zunehmend eine Rolle.
SCHWIERIGE MOBILISIERUNG
Trotz des stark steigenden Holzvorrates und vermehrten Waldpflegebedarfs ist es zunehmend schwierig, Holz zu mobilisieren. Es fehlt an Forstpersonal, moderner Ausrüstung und vor allem an befahrbaren Straßen. Die gängige Forstbewirtschaftung hat nicht die Produktion von Holz zum Ziel, im Gegenteil, man versucht den Bewuchs unter Kontrolle zu halten.
Die gutwüchsigen Pinien (10 t/ha und Jahr) werden zugunsten der Eiche (2 t/ha und Jahr) entfernt, da diese wesentlich langsamer wächst. Da dadurch aber keine Einnahmen erzielt werden können, sinkt das Interesse am Wald weiter. Teilweise können die Ernteunternehmen zwar auf Fördertöpfe zurückgreifen. Die Gelder sind jedoch schwierig abzurufen und die Fördertöpfe zumeist leer.
BEDARF VORHANDEN
Das Potenzial für zusätzliche Holznutzung und der Bedarf an Holzenergie wäre in der Region sehr hoch. Das größte Problem ist die Holzmobilisierung. Hierzu bräuchte es gesetzliche Regelungen, die zur nachhaltigen Bewirtschaftung verpflichten und der Behörde das Recht einräumen, diese bei Nichthandeln zu veranlassen. Teilweise verfügen die Behörden zwar über die Möglichkeit einzugreifen, diese wird jedoch selten genutzt. Die enorme Gefahr durch Waldbrände könnte ein Umdenken herbeiführen.
Die Reportage wurde im Rahmen des Exkursionsprogrammes der Bioenergiekonferenz „Nit de la Bioenergie“ in Barcelona erstellt.
Autor: Christoph Pfemeter