Kommentar Conrad Seidl (Ausgabe 116/2020)

16.10.2020

Nein, es wird nie wieder so wie früher. Auch nicht, wenn das Virus in einer mehr oder weniger fernen Zukunft „besiegt“ sein wird. Umso mehr lohnt es, jetzt daran zu arbeiten, wie das „Neue Normal“ dann aussehen soll. Und für diese Arbeit gibt es eine gute Ausgangslage: Alle Länder werden sich aus der Krise „herausinvestieren“ müssen – es wird also viele staatliche Anreize für eine Neuorientierung der Wirtschaft geben. Auch die Richtung ist gut vorgegeben. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat unter dem Eindruck der Krise vorgeschlagen, dass die Treibhausgasemissionen der EU-Staaten bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken sollen. Das ist um 15 Prozentpunkte ehrgeiziger als das bisherige Ziel – und die Begründung lautet: „Das neue Klimaziel wird dazu beitragen, die wirtschaftliche Erholung Europas von der Coronavirus- Pandemie zu unterstützen.“ Der Weg dorthin ist klar: Höhere Energieeffizienz und Ausbau der erneuerbaren Energien sowie Verschärfung der CO2-Normen für Straßenfahrzeuge. Das ist ein erfreulich ganzheitlicher Ansatz. Es ist gleichzeitig auch Ansporn für alle EU-Mitgliedsstaaten, in einen Wettbewerb zu treten, wer besser, schneller, kostengünstiger ans Ziel kommt – für den einzelnen Staat ein Vorteil im Technologie-Export, für die gesamte EU ein Schub an Gemeinschaftsgeist. Beim Blick auf das große Ganze zeigt sich: Europa könnte Vorbild auf der Welt werden und gleichzeitig einen Beitrag zum Weltfrieden leisten. Um erneuerbare Energieträger gibt es, anders als bei fossilen, keine Kriege.

Conrad Seidl