Alles steht und fällt mit den Bundesländern

20.07.2022

(Aus: Printausgabe ökoenergie 122, S. 16)

(AFU) – Bereits 1994 wurde die Energiewerkstatt (EWS) gegründet. Im Laufe von fast drei Jahrzehnten hat man sich zum international agierenden Consulting-Unternehmen entwickelt – mit Firmensitz im oberösterreichischen Munderfing. Das Kerngeschäft ist die Windenergie – von der Projektidee bis zum Betrieb, von der ersten Windmessung über Umweltverträglichkeitserklärungen bis zur technischen Due Diligence. Bei EWS kann man alles aus einer Hand bekommen. Man verweist mit vollem Stolz auf die Konzessionen für Elektrotechnik, Baumeistergewerbe und Biologie sowie ein Team von 51 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Für mehr als die Hälfte der heimischen Windenergieanlagen hat das Unternehmen das Know-how geliefert. Das entspricht einem Investitionsvolumen von insgesamt 3 Mrd. Euro. Das neueste Geschäftsfeld ist die Planung und Umsetzung von Agri-Photovoltaik- sowie PV-Freiflächenanlagen.

BREMSER AUF LANDESEBENE

„In Oberösterreich ist mittlerweile die Industrie ein großer Energiewende-Treiber geworden. Sie ruft verstärkt nach dem Ausbau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenenergie, der in Oberösterreich sehr vernachlässigt wurde“, weiß Wolfgang Neuhofer, einer der beiden Geschäftsführer. Aus seiner Sicht sind die „Bremser“ in der Landesebene zu finden. Die Gemeinden würden gerne viele Projekte umsetzen. Auch vom Bund erfährt man viel Unterstützung. Der Landespolitik fehle aber der Wille, und es fehlen konkrete Rahmenbedingungen. Die Ausreden seien überall die Gleichen: Das Landschaftsbild und Arten- bzw. Naturschutz sind die häufigsten Ausschlusskriterien. Wichtig ist, dass NGOs und BürgerInnen früh in die geplanten Projekte miteingebunden werden, um mögliche Vorbehalte und Ängste auszuräumen. Dennoch würde man sich mehr Unterstützung wünschen, wie zum Beispiel vom Alpenverein, der massiv gegen Windkraft und PV im alpinen Raum auftritt. „Tourismus und Erneuerbare ergänzen sich, zeigen unsere Erfahrungen aus bestehenden Projekten – alles andere ist eine verstaubte Meinung“, so Neuhofer.

AGRI-PV ALS ZUKUNFTSMODELL

„PV nur auf versiegelten Flächen werden nicht reichen, um unsere Ziele zu erreichen. Wenn wir das wollen, müssen 40 % des PV-Ziels bis 2030 auf der Freifläche realisiert werden. Im Idealfall mit Agri-PV-Anlagen, die eine Doppelnutzung für Lebensmittel und Stromerzeugung ermöglichen“, rechnet Neuhofer vor. Mit dem „EWS Sonnenfeld“ biete das Unternehmen ein eigenes Konzept für die Agri-PV, wo 80 % der Fläche weiterhin agrarisch genutzt werden können (18 % Blühstreifen und 2 % Flächen-verlust). Der Kern des Systems sind schwenkbare PV-Module, die dem Sonnenverlauf folgen können und damit effizienter Strom produzieren können. Der Achsabstand kann auf den Fuhrpark des Landwirtes/der Landwirtin abgestimmt werden.

Eine Forschungs- und Demonstrationsanlage wird aktuell in Bruck an der Leitha errichtet und im Herbst 2022 in Betrieb genommen. Hier werden gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur und mit Unterstützung des Klima- und Energiefonds die Wechselwirkungen von gleichzeitiger Strom- und Lebensmittelproduktion erforscht. Mit einer Fläche von 5,5 ha können mehr als 1.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Das Ziel der EWS Consulting ist es, in jedem Bundesland ein Pilotprojekt umzusetzen.

Großes Interesse an Agri-PV kommt vor allem von den Windkraftbetreibern. Die Gründe sind leicht nachvollziehbar: Die beiden Systeme ergänzen sich, weil sie oftmals zu unterschiedlichen Zeiten produzieren und vor allem können bei einem Windpark von zum Beispiel 100 MW mindestens 50 MW PV-Leistung eingespeist werden, weil die Netzinfrastruktur im Windpark bereits vorhanden ist. „Das ist eine kluge, zeit- und kostensparende Lösung“, so Neuhofer. Die ersten Genehmigungen für die Kombination von Wind und PV erwartet er in diesem Sommer. In den nächsten Jahren werden weitere „Hybridkraftwerke“ folgen.

IM WESTEN NICHTS NEUES

Der Windkraftausbau zieht langsam nach Westen, wo man noch einen weißen Fleck auf der Landkarte vorfindet. Die Flächen im Osten stoßen an ihre Grenzen. Die hohe Konzentration hat zu Netz-Problemen geführt. Der Netzausbau hinkt hinterher und damit kommt es zu Ausbauverzögerungen. Der Trend zu immer höheren Leistungen hält an. Mittlerweile sind 7 MW-Windkraftanlagen mit 170 m Rotordurchmesser quasi Planungsstandard. Das Repowering der Altanlagen ist im vollen Gange.

„Das Wichtigste im Augenblick wäre, dass die westlichen Länder Flächen für die Windkraft sowie Agri-Photovoltaik ausweisen und dazu auch politisch stehen. Alles steht und fällt mit den Bundesländern“, so Neuhofer.