... Karin Steppan

20.07.2022

(Aus: Printausgabe ökoenergie 122, S. 14)

Die aktuellen geopolitischen Spannungen und die sich daraus ergebenden Probleme – Stichwort Öl- und Gasembargo – verleihen dem Thema „Erneuerbare Energien“ zusätzliche Brisanz. Karin Steppan, Sonderbeauftragte Nachhaltigkeit & CSR der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, spricht im Interview darüber, was Unternehmen zur Klimawende beitragen und wie sie selbst davon mittelfristig profitieren können.

WARUM SOLLTEN UNTERNEHMEN GERADE JETZT IN ERNEUERBARE ENERGIEN INVESTIEREN?

Aktuelle Umfragen zeigen, dass eine der größten Sorgen in der heimischen Wirtschaft zurzeit die Sicherheit der Energieversorgung ist. Teuerungsschritte und Lieferengpässe aufgrund der Russland-Ukraine-Krise sind für Unternehmen ein unmittelbares Bedrohungsszenario geworden und haben das Thema noch stärker in den Fokus gerückt. Mittelfristig können sich Betriebe nur durch den größtmöglichen Einsatz von erneuerbarer Energie von diesem realwirtschaftlichen Risiko freispielen.

GESTERN NOCH FOSSILE ENERGIETRÄGER, HEUTE BEREITS REGENERATIVE ENERGIEN – WIE SCHNELL KÖNNTE SOLCH EIN UMSTIEG FUNKTIONIEREN?

Das ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit und vor allem auch der Möglichkeiten: Die meisten Unternehmen werden leider noch eine Zeit lang auf fossile Brennstoffe zurückgreifen müssen. Und das nicht nur in der industriellen Produktion, sondern auch in kleineren Unternehmen, die etwa ihre Waren ausliefern oder Service-Mitarbeiter österreichweit beschäftigen. So werden z. B. die Fahrten zum nächsten Kunden großteils mit einem Nutzfahrzeug bestritten, um größtmögliche Flexibilität zu haben. Hier sind weder die Entwickler von Elektro- noch von Wasserstofffahrzeugen so weit, dass für lange Strecken auf fossile Treibstoffe gänzlich verzichtet werden könnte.

WIE UNTERSTÜTZT DIE RLB NÖ-WIEN UNTERNEHMEN, DIE IN ALTERNATIVENERGIE INVESTIEREN MÖCHTEN??

Wir beraten Unternehmen bei der Finanzierung und punkto Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien. Denn letztlich geht es immer darum, dass ein Wechsel des Energieträgers das unternehmerische Risiko reduziert und im Idealfall auch kostenneutral oder sogar mit einer Einsparung umsetzbar ist. In der Beratung können wir auf umfassendes und langjähriges Know-how zurückgreifen und als Partnerin der Europäischen Investitionsbank (EIB) attraktive Kreditmittel für klimaschonende Investitionen bereitstellen. Wir begleiten Erneuerbare Energiegemeinschaften und zählen Windkraftanlagen-Betreiber, Bioenergieerzeuger, Wasserkraftwerke und viele Unternehmer zu unseren Kunden, die etwa mit einer Photovoltaik- Anlage auf ihrem Betriebsgebäude oder auf Freiflächen in die Eigenversorgung gehen. Investitionen in eine energieautarke Betriebsstätte haben zwar manchmal eine etwas längere Amortisationszeit, die jedoch über Zuschüsse des Bundes oder des entsprechenden Bundeslandes abgemildert wird. Aktuell bietet die Abwicklungsstelle für Ökostrom AG (OeMAG) erstmals auch Zuschüsse für Investitionskosten an. Hier heißt es für die Unternehmen, schnell die Chance zu nützen, da die Förderaktion für Photovoltaik nach dem Ersteinreicher- Prinzip abgewickelt wird.

BEIM UMSTIEG AUF ERNEUERBARE ENERGIEN – WAS KÖNNEN BETRIEBE JETZT KONKRET TUN?

Unsere Empfehlungen:

• Stellen Sie eine „Energiebilanz“ auf. Verschaffen Sie sich einen Überblick, wie viel Sie pro Jahr und besonders in kritischen (Produktions-) Spitzenzeiten von welchem Energieträger verbrauchen.

• Erwägen Sie einen Wechsel des Energieanbieters. Achtung: Bei Stromtarifen ist man nur dann völlig frei vom Spitzenausgleich durch Atom- oder Fossilstrom, wenn der Tarif ein „Umweltzeichen 46“ trägt.

• Für viele industrielle Produktionsabläufe ist fossiles Gas nicht oder nur unzureichend durch andere Energieträger oder Biogas substituierbar. Hier ist es für kleinere Unternehmen in ländlichen Regionen und mit geringerem Energiebedarf leichter, über Nahwärme oder Biogasanlagen effektiv umzurüsten.

• Prüfen Sie, ob Sie sich einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft anschließen können, um etwa Stromspitzen innerhalb einer kommunalen oder genossenschaftlichen Gemeinschaft auszugleichen und die eigene Überproduktion lokal weiterzugeben.

• Für alle Unternehmen lohnt sich jedenfalls eine Analyse, ob Prozesswärme rückgeleitet und so mit geringerem Energiebedarf in den Prozesskreislauf eingebracht werden kann.

• Auch Maßnahmen der thermischen Sanierung können mittelfristig den Energiebedarf senken.

• Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit Ihrer Bank, um sich über geeignete Finanzierungsund Fördermöglichkeiten beraten zu lassen.