Ministerrat beschließt Deckelung bis 2.900 kWh

08.09.2022
Am 7. September 2022 nahmen Bundeskanzler Karl Nehammer (m.r.), Vizekanzler Werner Kogler (m.l.), Bundesministerin Leonore Gewessler (r.), und Bundesminister Magnus Brunner (l.) am Pressefoyer nach dem Ministerrat teil.

(PA_Bundeskanzleramt) – „Niemand in Österreich soll sich seinen Grundbedarf an Strom nicht leisten können. Das ist das wichtigste Ziel der Strompreisbremse, die wir im heutigen Ministerrat beschlossen haben. Damit setzen wir eine weitere Hilfsmaßnahme gegen die Teuerung um“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer im Anschluss an die Sitzung des Ministerrats. Im Pressefoyer informierte er gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler, Energieministerin Leonore Gewessler und Finanzminister Magnus Brunner über die Umsetzung einer Stromkostenbremse in Österreich, die voraussichtlich ab Dezember dieses Jahres bis Juni 2024 wirksam sein soll. 

Schwellenwert von 10 Cent pro Kilowattstunde für Grundbedarf

„Die Kostenbremse wird bei der Stromrechnung ansetzen und für einen Grundbedarf von bis zu 2.900 Kilowattstunden gelten“, so Nehammer. Bis zu diesem Wert, der rund 80 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs der österreichischen Haushalte entspricht, werde der Preis durch eine staatliche Stützung bei 10 Cent netto pro Kilowattstunde gehalten. „Dieses Modell soll den Menschen helfen, die Preissteigerungen für Strom besser zu verkraften. Gleichzeitig ist das Modell so ausgelegt, dass alles, was über die 2.900 Kilowattstunden hinausgeht, dem normalen Stromtarif unterliegt. Damit soll ein Sparanreiz gesetzt werden, um weiter darauf zu achten, nicht zu viel Strom zu verbrauchen“, informierte der Kanzler. Die Schwelle von 2.900 Kilowattstunden sei eine Größenordnung, die von Expertinnen und Experten empfohlen wurde, um „tatsächlich jene Menschen zu entlasten, die es brauchen“. Um „schnell, einfach und niederschwellig“ zu helfen, habe man sich für ein automatisiertes System entschieden.

Soziale Differenzierungen durch zusätzliche Förderungen

Der Bundeskanzler dankte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr und seinem Team für den „sehr intensiven und vertrauensvollen“ Austausch: „Gemeinsam mit dem Energie- und Finanzministerium ist es uns gelungen, einen Weg zu finden, der tragbar ist, der auch budgettechnisch tragbar ist, und der vor allem schnell und unbürokratisch umsetzbar ist. Jetzt, in der Phase der Belastung, muss die Hilfe die Menschen rasch erreichen.“ Angesichts geäußerter Kritikpunkte erläuterte Nehammer, dass es „für uns eine Abwägungsfrage war“ und dass letztlich „schnelle Hilfe“ prioritär war, denn: „Wer schnell hilft, hilft doppelt.“ Zudem habe man Differenzierungen vorgenommen: „Menschen in besonders schwieriger sozialer Lage, die von der Rundfunkgebühr befreit sind, bekommen eine zusätzliche Unterstützung.“ Weiters soll es für Haushalte, in denen mehr als 3 Personen leben, per Antrag die Möglichkeit auf ein zusätzlich gefördertes Kontingent geben.

Nehammer wies zudem auf die bereits geltenden Entlastungsmaßnahmen hin, die den Menschen angesichts der allgemeinen Teuerung helfen sollen: „Seit August beginnen die Entlastungsschritte zu wirken, sei es die doppelte Familienbeihilfe oder der Anti-Teuerungs- und Klimabonus. Insgesamt haben wir nun eine Fülle an Maßnahmen, die sicherstellen, dass wir die Menschen in Österreich in dieser Phase der Belastung nicht alleine lassen.“ Der Bundeskanzler bedankte sich abschließend bei allen, die mit viel Einsatz an der Umsetzung mitgearbeitet haben: „Es ist uns gemeinsam ein wichtiger Schritt für die Entlastung der Menschen gelungen.“

Vizekanzler Kogler: Strompreise bei den Grundbedürfnissen im Haushalt dämpfen

„In Zeiten dieser Inflationsentwicklung gibt es Spitzenausreißer, die insgesamt schädlich sind: sozial, ökonomisch und für die Wirtschaftsbetriebe. Einerseits gibt es Direkthilfen, andererseits gilt es, die Kosten zu dämpfen“, betonte Vizekanzler Werner Kogler. Das sei deshalb so wichtig, weil es im Alltag der Menschen um Grundbedürfnisse gehe. Für alles, was man im Haushalt benötige, solle man diesen begünstigten Grundtarif haben, der sich an den Preisen von vor der Krise orientiere. „Wir haben bei den Eckdaten im Wesentlichen das gemacht, was empfohlen wurde. Die Direkthilfspakete machen eine große Summe aus und beginnen jetzt zu wirken. Ganz wichtig ist dies für jene, die am unteren Ende der Einkommenspyramide stehen“, so der Vizekanzler, der auf die soziale Differenzierung im System hinwies. Die Strompreisbremse komme angesichts der beginnenden Preiserhöhungen seitens der Anbieter rasch und rechtzeitig. „Eingesparter Strom ist zudem ein Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze unserer exportorientierten Industrie.“

Energieministerin Gewessler: Grundbedarf und sorgsamer Umgang mit Energie sichergestellt

Energieministerin Leonore Gewessler hielt in ihrem Statement fest, dass es der Bundesregierung wichtig sei, Maßnahmen zu setzen, um der massiven Teuerungswelle entgegenzuwirken und die Menschen zu entlasten. „Die Stromkostenbremse macht genau das. Wir haben ein praktikables Modell geschaffen, das die gestiegenen Kosten im Strombereich einbremst. Das ist eine deutliche Entlastung, ohne dass es einen Antrag braucht“, erläuterte Gewessler. Die Entlastung wirke direkt auf der Stromrechnung, fördere den Grundbedarf an Strom und komme sehr rasch bei den Menschen an. Menschen, die darüber hinaus Unterstützung bräuchten, erhalten einen zusätzlichen Abschlag von 75 Prozent auf die Netzkosten.

Da nur der Grundbedarf gedeckt sei, stelle man auch sicher, dass weiterhin sorgsam mit Energie umgegangen werde, denn: „Energie ist ein kostbares Gut und jeder Beitrag, Energie einzusparen, hilft“, so Gewessler. Gerade wenn es um das Stromsparen gehe, würden „kleine Dinge oft den Unterschied machen“, sei es, den Kühlschrank abzutauen, LED-Lampen zu verwenden oder die Waschmaschine nicht halb leer laufen zu lassen. „Gerade jetzt müssen wir an einem Strang ziehen“, so die Energieministerin, die sich bei allen Beteiligten für das Zustandekommen des Beschlusses bedankte.

Finanzminister Brunner: Österreich bei Tempo und Volumen der Maßnahmen ganz vorne dabei

„Die Zeiten sind extrem herausfordernd. Wir kämpfen als Bundesregierung seit einem halben Jahr mit ganz komplexen Problemen, für die es keine simplen Lösungen gibt“, so Finanzminister Magnus Brunner. Die hohen Kosten würden alle Menschen im Land belasten, die Teuerung sei inzwischen auch im Mittelstand angekommen. Man habe aber sehr viele Maßnahmen auf den Weg gebracht: „Es gibt keine Bevölkerungsgruppe, die wir nicht mit einem Entlastungsschritt entsprechend unterstützt haben und die Maßnahmen kommen an.“ Nächstes Jahr würden auch strukturelle Maßnahmen wie die Valorisierung der Sozialleistungen wirksam werden. „Sowohl was das Tempo betrifft, als auch was das Volumen betrifft, sind wir europaweit ganz vorne dabei“, zeigte sich Brunner sicher. Da der Strompreis aber immer weiter ansteige, müsse man als Bundesregierung die Bremse ziehen, wobei auch auf die Integrierung einer soziale Staffelung Wert gelegt wurde. „Insgesamt belaufen sich die Kosten auf 3 bis 4 Milliarden Euro“, so der Finanzminister, wobei dies auch von der Vertragssituation und der Entwicklung der Marktpreise abhänge.

Weiter Informationen:

WIFO-Kurzeinschätzung zur Strompreisbremse