Wien Energie setzt auf Wärmewende

17.10.2024

(AFU) – „Der Umbruch in der Energiebranche ist so spürbar wie noch nie. In den vergangenen Jahren mussten wir einige Krisen bewältigen: Ukraine(gas)krise, Versorgungskrise, Preiskrise etc.. Aber auch der Klimawandel ist spürbarer geworden: Heuer hatten wir 24 Tropennächte in Wien. Üblich waren früher ein paar wenige Tage. Damit Wien auch weiterhin eine der lebenswertesten Städte der Welt bleibt, müssen wir auch unsere Wärmeversorgung dekarbonisieren. Dazu stehen wir“, erklärte Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie, im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema „So packen wir die Wärmewende“.

Freiwillig oder verpflichtend?

Das große Thema des Abends war das gescheiterte Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) in seiner ursprünglichen Form, worin konkrete Verbote und Fristen vorgesehen waren – auch für Erdgas. „Knackpunkt für das Scheitern war die enthaltene Verpflichtung samt Deadlines. Wenn wir diese aber hätten, würde sehr viel Bewegung in die Sache kommen. Ohne lehnen sich jetzt viele einfach zurück. Eine Verpflichtung samt Deadlines zum Ausstieg aus fossilen Energien im Wärmebereich seitens des Bundes ist aus meiner Sicht dringend nötig. Mit dem EWG hätte man die Möglichkeit gehabt, Klarheit zu schaffen“, so Strebl.

„Leider wurde das EWG in der ursprünglichen Form nicht beschlossen“, so Michael Aumer, Leiter Abt. VI/6 – Energieeffizienz und Wärme im BMK. „Das Gesetz wäre bei der Bevölkerung ‚nicht angekommen‘, wodurch es politisch nicht umsetzbar war.“

„Wir haben einen engen EU-Rechtsrahmen, an der Umsetzung wird gearbeitet. Aber es ist auch eine Frage der Zuständigkeiten des Bundes und der Länder, die eng zusammenarbeiten müssen. Aus meiner Sicht läuft die Kooperation sehr gut“, erklärte Aumer. „Ein weiterer erwähnenswerter Punkt ist, dass die Regierung 3,6 Mrd. Euro jährlich bis 2027 für Klima-, Umwelt- und Energiemaßnahmen bereitstellt. Damit ist die Wärmewende auf jeden Fall in die Gänge gekommen. Das sehen wir. 1,6 Mrd. Euro sind für einkommensschwache Haushalte budgetiert. Hinzu kommen finanzielle Steuervorteile, die erwähnt werden müssen. Nur bei der Sanierung müssen wir noch mehr Gas geben“, analysierte Aumer.

Sind auf Goodwill angewiesen

„Ein Viertel der WienerInnen wohnen im Gemeindebau. Wir arbeiten seit 2022 an einem Dekarbonisierungsprogramm. Die größte Herausforderung sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bundes, wie zum Beispiel das Mietrechtsgesetz, wodurch wir beispielsweise den MieterInnen nicht vorschreiben können, dass sie bei der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien setzen müssen. Wir sind auf den Goodwill der MieterInnen angewiesen, was die Situation sehr erschwert. Eine Verpflichtung würde das Ganze natürlich erleichtern“, erklärte Daniela Cochlar, Programmleiterin Dekarbonisierungsprogramm Wiener Wohnen.

Wird es teurer?

„Der erste Schritt ist, sich vom russischen Erdgas zu verabschieden, was wir 2025 vollziehen werden“, schilderte Strebl. „Und nein, das norwegische Erdgas wird für die Kunden und Kundinnen nicht teurer. Die Mehrkosten nehmen wir auf ‚unsere Kappe‘ und haben dadurch eine ‚weiße Weste.“ Langfristig werden die Preise durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wesentlich stabiler, so die Prognose von Strebl.

Wiener-Wärmeplan

Rund die Hälfte der Wiener Fernwärme wird mit Erdgas erzeugt. 2021 waren es insgesamt rund 6,5 TWh (3,2 TWh Erdgas). Bis 2040 soll der Absatz auf 8,4 TWh steigen und der Gasanteil auf 1 TWh sinken. Ausgebaut sollen vor allem die Geothermie (+2,2 TWh) und die Großwärmepumpen (+2,5 TWh) werden. 56% der WienerInnen sollen dadurch bis 2040 mit Fernwärme versorgt werden. Wichtig für Strebl ist der einheitliche Anschlussbeitrag, der pauschal für alle eingehoben wird. Wo welche Systeme eingesetzt werden sollen, zeigt der Wiener Wärmeplan 2040.