EU-Emissionsziele nicht ambitioniert

29.11.2019
Die Wissenschaftler Keywan Riahie und Pao-Yu Oei (re.) beschäftigen sich mit Energiewende-Szenarien.

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) bat Pao-Yu Oei, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, und Keywan Riahi, IIASA, über die wissenschaftlichen Erkenntnisse bzw. Szenarien zur Energiewende im europäischen und globalen Kontext zu referieren. Conclusio: Die europäischen Emissionsreduktionsziele könnten ambitionierter sein, eine Elektrifizierungswelle, die vornehmlich auf Windkraft und Fotovoltaik basiert, sei sicher.

Großes Thema Arbeitsplätze
40% weniger Treibhausgas(THG)-Emissionen hat sich die Europäische Union als Ziel bis 2030 gesetzt. Laut Oei wären aber bis zu 60% in einer kostenoptimalen Konstellation möglich. Gleichzeitig muss der Primärenergiebedarf halbiert werden. Die europäische Ausgangslage bei der Energiewende ist ernüchternd: 90%-Anteil fossiler Energieträger. Wind und PV werden laut Oei die Hauptlast bei der künftigen Stromerzeugung tragen. Der Biomasse-Einsatz wird sich auf die Wärmeproduktion konzentrieren.
Ein großes Thema in Deutschland sind die Arbeitsplätze. Der Wissenschaftler zeigte auf, dass die deutsche Kohle-Wirtschaft sich bereits vor dem Ausbau der erneuerbaren Energieträger im Strukturwandel befand und die meisten Arbeitsplätze aufgrund dessen schon zuvor abgebaut werden mussten. Große Gefahr sieht er in einem Abwandern der Technologien im Bereich der Erneuerbaren, wie es in der PV-Branche in Deutschland bereits passiert ist. Hier wurde die Produktion aus Deutschland nach China verlagert. Gleiches zeichnet sich im Augenblick auch in der Windbranche ab, falls die deutsche Regierung nicht gegensteuert.

Beispielloser Wandel nötig
„Auch wenn wir das 1,5-Grad-Ziel einhalten, werden 1,5 Milliarden Menschen weltweit von den Klimaveränderungen betroffen sein – bei 2 Grad wären es 2,6 Milliarden und bei 3 Grad rund die Hälfte der Weltbevölkerung“, erklärte Riahi, warum es wichtig ist, das 1,5-Grad-Ziel anzupeilen. Es müsse „ein Wandel auf einer bespiellosen Skala erfolgen“. Vor allem wären einerseits die Menschen angehalten, ihr Verhalten schnell zu ändern, andererseits müsste auch die Wirtschaft bei ihren Investitionen reagieren. Auf 800 Mrd. US-$ pro Jahr beziffert der Wissenschaftler die nötigen Mittel für die Trendumkehr, was 0,8% des globalen Bruttoinlandproduktes (GDP) entspricht. Bis 2030 müssen 80% aller Investitionen im Energiesektor in erneuerbare Energien fließen.