Plündertarif gegen Arbeitstarif

EE-Anteil bei 81% Weiter Ein (sehr) später Schritt

Kommentar; #120/2021, S. 2

08.11.2021

Die Erderhitzung schreitet voran. Von einer Entwicklung, der wir uns anpassen können, reden nur mehr bagatellisierende Phantasten. Die Natur rächt sich für unser Fehlverhalten mit einer nie für möglich gehaltenen Kraft. Selbst einsichtige Politiker verschieben Verantwortung und Kampf gegen das Klimadesaster in die nächsten Jahrzehnte. Einfältige posaunen naseweis hinaus, dass sich die Folgen der Temperaturerhöhung von 1,5° oder 2° C ohnedies nicht unterscheiden würden. Mitnichten, die Klimafolgen sind enorm – die Erderhitzung steigt bei Weitem nicht linear, sondern verläuft exponentiell. Schon vor 30 Jahren haben Josef Riegler, Heinz Kopetz und Heinz Wohlmeyer die bitteren Wahrheiten prophezeit, wissenschaftlich assistiert von Helga Kromp-Kolb und Stefan Schleicher. Sogar in der jetzigen Klimamalaise werden sie von desinteressierten Parteiführern nicht gehört. Existenz- und lebensbedrohende Gefahren werden von Skeptikern in Politik und Wirtschaft einem Kurzsichtdenken geopfert. Bewusst wird nicht zwischen kurzlebigem Reibach und langfristigem Nutzen unterschieden.

„DIE NATUR RÄCHT SICH FÜR UNSER FEHLVERHALTEN MIT EINER NIE FÜR MÖGLICH GEHALTENEN KRAFT. “

Die globale Erderhitzung noch vor der 1,5° C-Grenze zu stoppen, dieses Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens ist eine Illusion. Auch eine Beschränkung auf 2° C ist unrealistisch. 2,7° C bis 2100 sind jetzt schon programmiert. Zu den stärksten Verursachern der CO2-Emissionen zählt nicht die Zunahme der Weltbevölkerung, sondern der Anstieg des Bruttosozialprodukts in den reichen Ländern der Welt. Treibhausgasintensiv sind der Luft- und Straßenverkehr sowie die Fossilenergieindustrie, besonders aber die grenzenlose Urbanisierung.

„DIE GLOBALE ERDERHITZUNG NOCH VOR DER 1,5° C-GRENZE ZU STOPPEN, DIESES ZIEL DES PARISER KLIMASCHUTZABKOMMENS IST EINE ILLUSION.“

Um die Versprechen von Paris ist es still geworden. Die Staatengemeinschaft signalisierte vollmundig, die Erderhitzung auf deutlich unter 2° C zu begrenzen. Optimisten vermeldeten sogar 1,5° C. Eine Erhitzung um fatale 2° C bedeutet realiter nichts anderes als das Erreichen von katastrophalen Klima-Kipp-Punkten. Die Erderhitzung wird dadurch außer Kontrolle geraten und sich in eine Entwicklung dynamisieren, die sich selbst radikal beschleunigt. Klimaforscher verweisen auf die Permafrostböden im hohen Norden und in Sibirien. Die Regenwälder, das Meereis, die Gletscher – tickende Zeitbomben –, die das Klima in einem Maß erhitzen, woraus in einem Teufelskreis weitere Böden auftauen. Die Folgen von plus 2° C: Mehr Hitzestress und Krankheiten, Korallenbleichen, ein Rückgang des Fischbestandes, Artensterben und eine höhere Anzahl von Hitzetoten. Visitenkarten der Erderwärmung zeigen sich mit Vehemenz bereits in der Arktis, der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt sich in beängstigendem Ausmaß. Wirtschaftsexperten quantifizieren die weltweiten Klimaschäden zwischen 2010 und 2019 auf mehr als 1,4 Billionen US-Dollar.

Auswirkungen der Erderhitzung werden in Österreich schon längst dokumentiert, im internationalen Vergleich ist Österreich überdurchschnittlich betroffen. Besonders signifikant zeigen sich im Westen des Landes Gletscherschmelzen, tauende Permafrostböden und absterbende Almen, im Osten „dominieren“ Dürre, Waldsterben, Stürme und Hochwasser. Am stärksten wird Wien unter dem Hitzeinsel-Effekt leiden, es droht bis 2100 ein Temperaturanstieg von bis zu 3,8° C.

„DIE PLÜNDERER STOPFEN SICH IHRE SÄCKE VOLL, MIT IHREN GEWINNEN ZERSTÖREN SIE WEITERHIN DIE UMWELT.“

Ein Rückgang der Treibhausgasemissionen kann nur erreicht werden, wenn sofort ein strategischer Ausstieg aus der fossilen Energie folgt. Davon ist keine Rede. Die Klimapolitiker handeln so, als wäre das Paris-Abkommen nie unterschrieben worden. Eine Regierungsstrategie muss in Österreich eine jährliche Reduktion von CO2, Methan und Lachgas im Umfang von fünf Millionen Tonnen verpflichtend vorsehen. Das Um und Auf eines Ausstieges aus der drohenden Klimakatastrophe ist der ökologische Steuerumbau. Das alles gibt es in Schweden. Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz muss die Investitionen in Wind, Photovoltaik, Wasser und Biomasse bestmöglich absichern. Die generelle Einführung von E 10 und die Beimischung von 7 % Biodiesel sind gesetzlich zu garantieren. Für Wärmedämmung und Ausbau der Fernwärme – nur aus erneuerbaren Quellen – ist jährlich ein Budget von einer Milliarde Euro bereitzustellen.

Es geht nicht an, die physikalischen Zusammenhänge und die ökologischen Gesetzmäßigkeiten zu negieren. Der Staat sollte lenken, mit Steuern steuern und finanzielle Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz schaffen. Um klimapolitische Transformation geht es, weg vom zukunftskriminellen Verhalten, das in den ökologischen Folgen des Einsatzes von Fossilenergie sichtbar wird. Mehr denn je grundeln wir in den „Leichenhäusern dieser Erde“, um die in einer Vielzahl von Millionen Jahren gespeicherten organischen Substanzen an das Tageslicht zu befördern. Zwangsweise muss es durch die Übernutzung der Fossilen zu einem CO2-Anstieg in der Atmosphäre kommen. Werden Kohle, Erdöl und Erdgas zum Plünderungstarif aus der Erde geholt, ist die zum ökologischen Arbeitstarif produzierte erneuerbare Energie zu wenig konkurrenzfähig. Die Plünderer stopfen sich ihre Säcke voll, mit ihren Gewinnen zerstören sie weiterhin die Umwelt. Dabei bleibt es aber nicht: Mit den Erlösen aus der Fossilenergie fördern sie zusätzlich den weltweiten Terrorismus. Eine solche Klimapolitik muss scheitern,

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