Kommentar; #118/2021, S. 1

02.04.2021

Die gute Nachricht zuerst: Dieser Tage wurde die Meldung verbreitet, dass Kernkraftwerke in den meisten Weltregionen auf dem Rückzug sind – ihre Stromlieferung von 2.657 Terrawattstunden (TWh) wurde 2019 erstmals von den erzeugten Menge an Strom aus erneuerbaren Energiequellen (ohne Wasserkraft 2.806 TWh) überholt. Und das Investitionsvolumen in die Erneuerbaren liegt weltweit bereits beim Zehnfachen der Investitionen in die Kernenergie. Solche Neuigkeiten aus der großen, weiten Welt hört oder liest man gerne. Zufällig erreichte mich am selben Tag auch eine Nachricht aus der kleinen Welt der niederösterreichischen Gemeinde Kilb: Dort sollen elf Hektar Ackerland einer Photovoltaik-Anlage geopfert werden. Das wiederum stößt vielen Leuten in der Umgebung sauer auf. So wie es gegen Windräder Bürgerproteste gibt. So wie Holznutzung kritisiert wird, weil manche Romantiker am liebsten Urwälder hätten. Ja, da gibt es Konflikte. Aber verglichen mit dem Streit um die Atomanlagen in Wackersdorf, Kalkar, Zwentendorf oder aber auch um die Wasserkraft in Hainburg und dem Dorfertal sind diese Konflikte kleiner – erneuerbare Energie muss man nicht mit hohem Polizeiaufwand schützen, wie das bei der Kernkraft (aber auch bei etlichen Wasserkraft-Projekten) notwendig geworden ist. Dass es aber bei der Wende hin zu erneuerbaren Energien ganz ohne Konflikte abgehen würde, hat wohl niemand erwartet. Derartige Konflikte intelligent zu lösen, wird eine der Aufgaben der Energiepolitik der nächsten Jahre bleiben.

Conrad Seidl