EU-Parlament will Bioenergie-Nutzung begrenzen

Lob der hohen Preise Weiter Die Sonne - magischer Wegweiser

Titelstory #123/S. 3

15.11.2022

Waldbiomasse soll nur mehr beschränkt erneuerbar sein 

Das Europäische Parlament stimmte über die Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) ab. Diese legt fest, wie die EU-Staaten ihre Erneuerbaren-Energieziele erreichen können und welche Energieformen sie weiterhin sowie in welchem Ausmaß fördern dürfen. Das Erneuerbaren-Ausbauziel bis 2030 soll auf 45 % erhöht und die Holzenergienutzung gleichzeitig massiv eingeschränkt werden. Ursprünglich wollten Politiker der Grünen der Holzenergienutzung aus dem Wald den Status als erneuerbare Energiequelle komplett entziehen und dadurch alle Förderungen kappen. Sie konnten sich nicht durchsetzen. Es bleibt aber eine Fülle an bedenklichen Regelungen, bei deren Umsetzung Österreich seine Erneuerbaren-Energieziele deutlich verfehlt und in ein Vertragsverletzungsverfahren gezwungen wird. 

FEHLINFORMATION 

Es ist haarsträubend, dass einige EU-Parlamentarier Umwelt-NGO-Falsch-Meldungen wie beispielsweise„Bioenergie ist dreckiger als Kohle“ mehr Gehör schenken, als staatlich finanzierten Fachinstitutionen wie dem Weltklimarat oder der internationalen Energieagentur. Gleichzeitig werden Atomkraftwerke und Investitionen in fossiles Erdgas als grün definiert. Es gibt kein einziges europäisches Land, in dem der Holzvorrat durch die Nutzung von Holzenergie abgesenkt wurde. Im Gegenteil: Vielen EU-Ländern ist es gelungen, den Holzvorrat, die Holzernte und die Holzenergienutzung durch nachhaltige Bewirtschaftung zu steigern. Die Holzenergienutzung ist dabei ein wesentliches Instrument für die nachhaltige Waldbewirtschaftung, da sie Durchforstungen, Waldpflege-und Forstschutzmaßnahmen sowie die Aufarbeitung der Schadereignisse kostendeckend ermöglicht. 

Hinter den Kampagnen gegen die Holznutzung stecken milliardenschwere internationale Fonds oft mit deutlicher Nähe zur Fossil- oder Atomindustrie. An dieser Stelle ein Zitat von der Speerspitze der Holzenergiegegner, deren englischsprachige KollegInnen von „Robin Wood“ sich zuletzt bei der Pelletskonferenz in Wels mit Transparenten in Baumwipfeln verhakt haben: „The Forest Defenders Alliance is a joint project of the Partnership for Policy Integrity and numerous NGOs who have provided support and content for this website. We are grateful for the generous support of funders who made this possible, including The European Climate Foundation, the Ceres Trust, the Tortuga Foundation, the Packard Foundation, and Fred Stanback.“ 

BREITER WISSENSCHAFTLICHER KONSENS 

Kritik an der Bioenergie wurde vor allem von der Energieabteilung des britischen Think-Tank Chatham House forciert, der sich unter anderem aus Mitteln der fossilen Industrie speist und der auch eine deutliche Nähe zu bereits genannten Fonds aufweist. Die Internationale Energieagentur hat hier bereits 2017 eine deutliche Entgegnung veröffentlicht, die von mehreren hundert Fachexperten – darunter 100 ordentliche Universitätsprofessoren – gezeichnet wurde. Professor Michael Obersteiner, Leiter des renommierten Environmental Change Institutes der Universität Oxford und Mitautor zahlreicher IPCC-Berichte, brachte es zuletzt auf einer Informationsveranstaltung in Brüssel auf den Punkt: „Mir ist kein seriöses wissenschaftliches Papier bekannt, in dem die Bioenergie aus nachhaltiger Forstwirtschaft schlechter als fossile Brennstoffe abschneiden würde. Ein Erreichen des 1,5 °C-Zieles ist ohne Bioenergie undenkbar.“ 

Der Anteil der Holzenergie am Erneuerbaren-Energieeinsatz liegt bei etwa 43 %. Brennholzheizer, Hackgutheizer, Nahwärmeanlagen und Holzkraftwerke setzen fast ausschließlich Holz aus dem Wald ein. Der Ausbau der Holzenergie ist zudem die Grundlage für die Energiewendeszenarien der Bundesländer. 

UNTAUGLICHER ENTWURF 

Der aktuelle REDIII-Entwurf ist dermaßen unübersichtlich und unschlüssig, dass sich selbst Fachexperten und die EU-Parlamentarier untereinander uneinig sind, was hier konkret beschlossen wurde. Im härtesten Auslegefall wären ein Großteil der Förderungen für Holzenergie unzulässig. Holzenergie könnte nur mehr zum Teil auf die Ziele angerechnet werden und auch größere Bestandesanlagen könnten ihre Förderungen verlieren. Absurderweise schlägt der Entwurf im Verstromungsbereich, der eigentlich ursprünglich begrenzt werden sollte, eine Erhöhung vor. Selbst im mildesten Auslegefall bleiben enorme Hürden und Marktverwerfungen, deren direkte und indirekte Effekte die komplette Holzenergiebranche von der Nahwärmeanlage über den Pelletsheizer bis hin zu den Biomassekraftwerken bedrohen. Dies hätte massive Auswirkungen auf die heimische Forst- und Holzwirtschaft. Während die grünen Europa-Abgeordneten beschwichtigen und keinerlei Auswirkungen für Österreich befürchten, spricht Martin Häusling, deutscher EU-Parlamentarier und Chefverhandler der Grünen, zum Thema eine deutlichere Sprache: „Wir stimmen für einen Einstieg in Sonnen- und Windenergienutzung und damit auch in den Ausstieg aus einer subventionierten Holzverbrennung!“ 

GEWESSLER AM ZUG 

Große Enttäuschung herrscht in der Biomasse-Branche vor allem über die VertreterInnen der Grünen im europäischen Parlament, die in allen Punkten die Entscheidungen mitgetragen haben und noch für weitere Verschärfungen gestimmt haben. Nur die Abgeordneten der Volkspartei und der Freiheitlichen haben bei der Abstimmung gegen den Bericht gestimmt. „Das Ergebnis ist ein praxisferner, bürokratischer und teilweise inkonsistenter Vorschlag, der den Ausbau der Bioenergie behindern und nicht, wie für die Zielerreichung notwendig, forcieren würde. Der Vorschlag, Holzenergie aus dem Wald gar nicht mehr als erneuerbar anzuerkennen, wurde aber schlussendlich mit einer sehr deutlichen Mehrheit abgelehnt“, erklärt Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. 

Ein Lichtblick für die Biomasse-Branche ist, dass die finalen Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, denn nun beginnt der Trilog, worin auch der EU-Rat beziehungsweise die jeweiligen Minister dem Vorschlag zustimmen müssen. Jetzt ist Energieministerin Leonore Gewessler am Zug, um das Beste für Österreich herauszuholen und die Vorzeichen in Richtung Ausbau der Holzheizungen, Nahwärmeanlagen und Holzkraftwerke zu drehen. Mit der zuletzt bekanntgegebenen Erhöhung der Förderungen für Holz-Heizungen und -Kraftwerken stimmt national die Richtung.