(PA_AFU) – Es ist soweit: Der russische Präsident Wladimir Putin dreht den Gashahn für zwei „unfreundliche“ Staaten ab. Betroffen sind Polen und Bulgarien. Begründet wird der Schritt mit der Weigerung der beiden Länder die Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen. Der Wirtschaftskrieg mit der EU hat laut Experten eine neue Stufe erreicht. Der Gasstop wird aber vornehmlich als eine Warnung an Resteuropa und darunter vor allem an Deutschland gewertet, insbesondere in Bezug auf das EU-geplante Erdöl-Embargo gegen Russland.
In Österreich präsentierte zeitgleich die Umweltministerin Leonore Gewessler eine Studie der Energieagentur. Die Ergebnisse zeigen auf, dass die Beendigung russischer Erdgasimporte grundsätzlich bis 2027 möglich – natürlich nur unter gewissen (optimalen) Bedingungen: Dazu müsste der heimische Gasverbrauch um ein Viertel reduziert, alternative Importe verdreifacht und die Biogas-Produktion enorm ausgebaut werden. Eine weitere optimistische Annahme ist, dass die Erdgas-Eigenproduktion konstant bliebe.
Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) begrüßt die erarbeiteten Handlungsoptionen. Die strategischen Linien für diese Befreiung aus der drückenden und gefährdenden Abhängigkeit treffen sich mit langjährigen Forderungen des EEÖ:
- Verbrauch durch Energieeinsparung und Energieeffizienz reduzieren und
- den verbleibenden Verbrauch durch erneuerbare Energie ersetzen.
Um die inländische Produktion an erneuerbaren Gasen zu fördern, braucht es laut EEÖ endlich den gesetzlichen Rahmen in Form eines Grüngasgesetzes, das schon lange vorbereitet wird. Auch für die Energiewende im Raumwärmebereich sind die notwendigen gesetzliche Maßnahmen schon vorbereitet. Eine wesentliche Rolle neben dem Bund haben in Österreich dabei die Bundesländer.
Der Österreichische Biomasse-Verband begrüßt ebenfalls die Initiative des Klimaschutzministeriums. Der Erdgas-Exit könne aber nur mit der vermehrten Nutzung von Holzzentralheizungen, Biomasse-Nah- und Fernwärme sowie Holzkraftwerken und Holzgas erreicht werden. Auch die Ressourcenpotenziale in den heimischen Wäldern seien vorhanden. „Aktuell liegen über 250 Mio. fm an Nutzungsrückständen in unseren Wäldern. Durch den Abbau dieser Rückstände und Gebrauch dieser nachhaltig verfügbaren Holzmenge könnte neben der stofflichen Nutzung ausreichend Energie erzeugt werden, um den Gasbedarf für Raumwärme, Fernwärme und Stromerzeugung der kommenden Jahre zu decken“, erklärt Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes.
Die Kleinwasserkraft Österreich schlussfolgert, dass nun umso mehr jede in Österreich erneuerbar produzierte Kilowattstunde zählt. Neubau und Revitalisierung bestehender Kleinwasserkraftanlagen müssten forciert und unverhältnismäßige sowie überschießende Vorgaben ohne ausreichend Nutzen, welche die Produktionskapazitäten einschränken, müssen zügig reformiert werden.
Die Umweltschutzorganisation WWF fordert die Vorlage eines verbindlichen Plans, damit der Ausstieg aus allen fossilen Energien kontrolliert und klimagerecht erfolgt. GLOBAL 2000 weist hingegen darauf hin, dass es nicht nur um den Ersatz von russischen Gaslieferungen gehen sollte, sondern um eine komplette Umstellung fossiler Energieträger auf erneuerbare Energien in den nächsten Jahren. Die in der Studie vorgesehene Steigerung der Importe aus anderen Ländern, darf nicht dazu führen, dass die Energiewende mittelfristig aufgehalten wird.