Neue App für erlösoptimierte Ausformung

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Für die motor-manuelle Holzernte

25.08.2020

(PA_Tech4Effect) – Vor kurzem wurde von den TECH4EFFECT-Kooperationspartnern eine neue, für mobile Geräte entwickelte Software, die „T4E Bucking App“ vorgestellt. Sie ermöglicht eine erlösoptimierte Ausformung bei der motormanuellen Holzernte, indem sie für einen gegebenen Stamm eine ideale Kombination von Teilstücken vorschlägt. Die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) hat den Prototyp entworfen, das oberösterreichische Forstlogistikunternehmen Latschbacher hat die Programmierung durchgeführt, und die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) stellten Testflächen zur Verfügung. Ermöglicht wurde diese Zusammenarbeit durch das Bio Based Industries Joint Undertaking im Rahmen des EU-Förderprogrammes „Horizont 2020“.

Die kostenlos herunterladbare Bucking App richtet sich vor allem selten nutzende Waldbesitzer, die wie z.B. Landwirte, und an Bildungseinrichtungen, wie z.B. Forstausbildungszentren und Forstschulen, wo das Ausformen erlernt werden kann. Sie unterstützt den Nutzer bei der Entscheidung in welche Teilstücke, oder „Sortimente“ er einen Stamm schneiden soll, indem Sie eine hinsichtlich Erlös optimale Kombination von Sortimenten vorschlägt. Im Fachjargon wird dieser Vorgang als Ausformen bezeichnet, und die Kombination von Sortimente stellt das Ausformungsschema dar. Die App zielt weiter darauf ab, einen gegebenen Stamm soweit als möglich zu verwerten, also Ernteverluste zu minimieren. Zusätzlich erfasst sie was ausgeformt wurde. Für professionelle Motorsägenführer kann Sie als Kalibrierungswerkzeug in wechselnden Arbeitsumgebungen dienen.

Biomasse, wie z.B. Holz, wird zunehmend als Ersatz für Nebenprodukte auf petrochemischer Basis in Kunststoffen, Kosmetika und sogar Kunstfasern für Kleidung verwendet. Um den wachsenden Biomassebedarf Europas zu decken, müssen die Holzressourcen im Forst- und Holzsektor effizienter genutzt werden. Intelligente, digitale Hilfsmittel, die eine effizientere Nutzung einer bestimmten Ressource unterstützen, sind gerade in der sich durch geringe Gewinnmargen auszeichnenden Primärproduktion von entscheidender Bedeutung. Eine darauf abzielende EU-Initiative gab letztlich den Anstoß für die Entwicklung der Bucking App durch die Partner des TECH4EFFECT-Projekts.

Dipl. Ing. Dr. Gernot Erber vom Institut für Forsttechnik, Department für Wald- und Bodenwissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien, entwickelte den Prototypen der App und sagte, dass digitale Werkzeuge eine Möglichkeit darstellen, die motor-manuelle Ernte profitabler zu machen und gleichzeitig eine effiziente Nutzung der Ressource zu gewährleisten. Gerade in einem Gebirgsland wie Österreich sei dies von besonderer Bedeutung sei, da ein Großteil der Holzernte motor-manuell durchgeführt würde und kleinstrukturierter Waldbesitz dominiere.

“Um die Nachfrage nach Biomasse zu decken ist es notwendig, die vorhandenen Ressourcen effizienter zu nutzen. Die App würde es vor allem Waldbesitzern, die nur unregelmäßig nutzen, erleichtern bessere Ausformungsentscheidungen zu treffen, und so einen größtmöglichen Erlös zu lukrieren. Das ist in der Forstwirtschaft, wo die Deckungsbeiträge oft sehr niedrig sind, von entscheidender Bedeutung.“

„Die Bucking App und andere, sich derzeit in der Entwicklung befindende, digitale Hilfsmittel erleichtern dem Waldbesitzer den Einstieg in das zukunftsweisende Konzept der „Precision Forestry“. Dabei geht es darum, die Abläufe in der Produktionslogistik besser verstehen und sie so besser gestalten und leichter steuern zu können. Je eher sich der Waldbesitzer mit diesen intelligenten Lösungen beschäftigt, desto einfacher wird es für ihn in Zukunft sein, diese zu nutzen“, erklärte Erber.

Der Algorithmus der Bucking App vergleicht die Dimension und die Qualitätsmerkmale eines gegebenen Baumes mit den potenziellen Sortimenten, die durch den Vertrag des Nutzers mit dem Käufer definiert sind, und erstellt ein hinsichtlich Erlös optimiertes Ausformungsschema. Ähnliches kennt man von Harvestern und Prozessoren – die Kombination von motor-manueller Ausformung und Smartphone stellt aber eine Neuheit dar.

Die App ist nach den österreichischen Holzhandelsusancen aufgebaut und deckt fünf in Mitteleuropa vorherrschende Baumarten (Fichte, Tanne, Lärche, Waldkiefer und Buche) ab. Dimensions-, Qualitäts- und Preisdefinitionen von potenziellen Sortimenten können über eine komfortable Microsoft Excel-Lösung in die App importiert werden.

Das Ausformungsschema kann vom Nutzer sowohl vor als auch noch während des Ausformungsvorganges adaptiert werden. Dies könnte z.B. erforderlich sein, um Qualitätsmerkmale zu berücksichtigen, die von außen nicht ersichtlich sind. Gleichzeitig kann diese Funktion zur Verbesserung der eigenen Ausformungskompetenz genutzt werden, indem die eigenen Vorstellungen zur Ausformung mit der erlösoptimierten Lösung der App verglichen werden können.

Die App zeichnet Baum für Baum was ausgeformt wurde und bereitet diese Daten zusätzlich in Form kumulativer Statistiken auf. Eine solche Funktionalität ist bereits von Harvestern und Prozessoren bekannt und war bisher in der motor-manuellen Holzernte nicht verfügbar. 

Die Nutzer können damit ihren Produktionsfortschritt verfolgen und ihre Transportlogistik entsprechend gestalten. Darüber hinaus könnten die gewonnenen Informationen hinsichtlich Baumdimensionen und –qualitäten in bestehende Forstinventursysteme eingespeist werden und eine zuverlässigere Datengrundlage für Vorhersagen zu Mengen und zur Verteilung der Qualität bei zukünftigen Holzernteeinsätzen in diesem Bestand bilden. Der Export der Daten erfolgt über .pdf- oder Microsoft Excel .csv-Dateien, die bequem über die E-Mail- oder Instant-Messaging-Dienste des Smartphones ausgetauscht werden können. In Zukunft könnten diese Daten auch in digitale Werkzeuge für Logistikplanung, Produktivität, Controlling und Benchmarking einfließen, wie z.B. in das SILVISMART-Portal von TECH4EFFECT (https://www.silvismart.eu/).

Beim Verwenden der App muss der Nutzer mehrere manuelle Messungen am Baum vornehmen, sowohl im stehenden als auch im gefällten Zustand. Diese werden in die App eingeben und der Nutzer erhält einen erlösoptimierten und ernteverlustreduzierten Ausformungsvorschlag. Bevor die App einen Ausformungsvorschlag ausgeben kann, erfolgt der wichtigste Schritt in diesem Prozess: Der Nutzer muss die Qualitätsverteilung entlang des Stammes visuell beurteilen und diese in die App eingeben.

„Der Nutzer beurteilt den Stamm und identifiziert Abschnitte unterschiedlicher Qualität, wie er es beim traditionellen Vorgehen auch tun würden, gibt aber die Länge dieser Abschnitte in die App ein, sagen wir, die ersten 15,1 Meter des Baumes sind Sägeholzqualität, der Rest ist Industrieholz. Dann stimmt die App das Durchmesserprofil und die Qualitätsverteilung mit den im Vertrag definierten Sortimenten ab und erstellt einen Vorschlag, wo die Trennschnitte zwischen den Sortimenten gesetzt werden sollten“. erklärte Erber.

Durch die Nutzung der App kann das Risiko des Treffens nachteiliger, dem Vertrag zwischen Nutzer und Käufer zuwiderlaufender Entscheidungen erheblich reduziert werden

„Sägewerke legen die Sortimente fest, die sie benötigen, und die Forstwirtschaft ist bestrebt, dieser Nachfrage gerecht zu werden. Wenn intelligente Technologie dazu beitragen kann, einen bestimmten Baum besser auf die Nachfrage abzustimmen, werden weniger Bäume benötigt, um die Nachfrage zu decken, und es wird weniger Holz durch schlechte Ausformungsentscheidungen verschwendet. Schließlich wird dadurch eine effizientere Ressourcennutzung gewährleistet, während gleichzeitig dem Nutzer geholfen wird das meiste aus dem Baum herauszuholen.“ schloss Erber.

Die Digitalisierung bietet viele neue Möglichkeiten für Werkzeuge wie die Bucking App. Ziel ist es, dass der Nutzer in Zukunft eine geringere Anzahl von Parametern eingeben muss. So könnte zum Beispiel die Form des Stammes aus einem „digitalen Zwilling“ des Waldes in Form von 3D-Modellen bereitgestellt werden. Augmented Reality und Sprachsteuerungstechnologie bieten weitere Möglichkeiten, den Einsatz intelligenter Technologie bei der motorisch-manuellen Holzernte zu verbessern.

Projekt-Partner

Norwegian Institute of Bioeconomy Research (NIBIO), Norway

Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR), Italy

European Forest Institute (EFI), Finland

University of Natural Resources and Life Sciences, Vienna (BOKU), Austria

Natural Resources Institute (LUKE), Finland

University of Copenhagen (UCPH), Denmark

RTDS Association, Austria

University of Freiburg (ALU-FR), Germany

Norskog, Norway

Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF), Germany

Österreichische Bundesforste (ÖBF), Austria

Ibensoft, Denmark

Skovdyrkerne, Denmark

Ponsse Plc, Finland

Conaibo, Italy

Warsaw University of Life Sciences (SGGW), Poland

Latschbacher, Austria

Konrad Forsttechnik, Austria

Norwegian land and forest enterprise (Statskog), Norway

University of Stellenbosch, South Africa