Ökostrom-Pauschale 2022 ausgesetzt

21.01.2022
Blick Richtung SitzungsteilnehmerInnen

(PA_PID) – Mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit stimmten die Abgeordneten im Nationalrat für eine Novelle des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), die unter anderem eine Aussetzung der Ökostrom-Pauschale im Jahr 2022 mit sich bringt. Umgesetzt werden mit dem Drei-Parteien-Antrag von ÖVP, SPÖ und Grünen vor allem auch beihilfenrechtliche Anpassungen beim Ausbau erneuerbarer Energieformen in Bezug auf das EU-Notifikationsverfahren zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Für die Novelle sprachen sich auch die NEOS aus, die FPÖ übte insgesamt Kritik an der vorliegenden Energiepolitik. 

Mit einem im Plenum eingebrachten ÖVP-SPÖ-Grüne-Abänderungsantrag wurden neben redaktionellen Anpassungen laut Erläuterungen geringfügige inhaltliche Änderungen vorgenommen, die ebenso vorwiegend aus dem beihilferechtlichen Notifikationsverfahren bei der Europäischen Kommission resultieren. Klargestellt wird etwa auch, dass im Fall von einseitigen Vertrags- und Entgeltänderungen durch den Stromversorger den KundInnen ein Kündigungsrecht zukommt.

In der Minderheit blieb ein in der Sitzung eingebrachter Entschließungsantrag der FPÖ, um Energiearmut zu verhindern, indem auf Umsätze mit Strom und Gas bis zumindest Ende März 2023 keine Umsatzsteuer eingehoben wird. Keine Mehrheit fand auch eine Forderung von SPÖ und NEOS für eine bundesweite Regelung für die standardmäßige Verlegung von 110-kV-Leitungen als Erdkabel.

Neben der mehrheitlichen Kenntnisnahme des Sammelberichts des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen haben die Abgeordneten außerdem einen Entschließungsantrag der NEOS zu einem Verbot von Konversionstherapien an den Gleichbehandlungsausschuss zurückgeschickt, der dort nochmals behandelt werden soll.

Novelle zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz

Kritisch zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz äußerte sich Axel Kassegger seitens der FPÖ. Er ortet eine völlig verfehlte Wirtschafts- und Energiepolitik in Europa, das EAG stelle einen Baustein dazu dar. Für eine Industrienation brauche es auch entsprechende Energiemengen, bezeichnete Kassegger das Zusperren von Gas- und Kohlekraftwerken wie etwa in Deutschland als kurzsichtig und zudem ideologisiert und dogmatisch.

Parallel zum Beschluss des EAG letzten Sommer habe das EU-Notifizierungsverfahren stattgefunden, erläuterte Tanja Graf (ÖVP) zur Novelle. An Punkten, die nun angepasst würden, nannte sie etwa eine zusätzliche gemeinsame Ausschreibung für Wind- und Wasserkraft, hob aber auch hervor, dass die geplante Laufzeit des EAG bis 2030 erhalten werden konnte. Der Entschluss zum Aussetzen der Ökostrom-Pauschale für 2022 bringe für Haushalte und Betriebe eine Ersparnis von 350 Mio. €. Insgesamt würden Maßnahmen gesetzt, um der Energiepreissteigerung entgegenzuwirken und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Als nächste Schritte gelte es, für sichere Netze und für deren Ausbau zu sorgen, etwa durch effizientere UVP-Verfahren.

Lukas Hammer (Grüne) lobte das EAG als Gesetz mit maßgeschneiderten Förderungen für jede Technologie auf dem Weg zu 100% Erneuerbare bis 2030, das durch die nächste Notifizierung in 10 Jahren auch stabile Rahmenbedingungen garantiere. Die massiven Energiepreisanstiege der letzten Monate seien aus seiner Sicht auf die hohen Gaspreise zurückzuführen. Umso mehr Bedeutung habe das EAG im Hinblick auf Unabhängigkeit von fossilen Energien. Aus dem Abänderungsantrag hob Hammer betreffend das Elektrizitätswirtschafts und -organisationsgesetz etwa einen Rechtsanspruch auf Ratenzahlungen für KonsumentInnen bei Nachzahlungen und ein Symmetriegebot hervor, wonach auch Preissenkungen an die StromkundInnen weitergegeben werden sollen.

Eine faire und gerechte Ausgestaltung der Energiewende sei ihm wichtig, vor allem im Hinblick auf die soziale Frage und auf die ökosozialen Kriterien, sagte Alois Schroll (SPÖ). Er nannte ebenso einen Betrag von 350 Mio. €, der den StromkundInnen in Summe durch den Entfall der Ökostrom-Pauschale 2022 erspart bleibe. Aber auch die Energiebranche habe sich Sicherheit verdient, es sei daher höchste Zeit, dass nun auch alle Verordnungen „auf den Tisch kommen“.

Die Novelle mache das EAG marktnäher, stärke die Technologieneutralität und die Planungssicherheit für die Branche, daher unterstütze sie die Vorlage, so Karin Doppelbauer (NEOS). Es sei höchst an der Zeit, dass die Energiewende endlich in Österreich ankomme, wo sich Klimaschutz und Wirtschaftspolitik die Hand reichen. Es brauche nun rasch weitere Maßnahmen, unter anderem zum Ausbau der Infrastruktur, verwies sie auf den SPÖ-NEOS-Antrag für die standardmäßige Verlegung von 110-kV-Leitungen als Erdkabel.

Vizekanzler Werner Kogler hob in der Debatte zur Novelle unter anderem die Planungssicherheit zum EAG auf 10 Jahre hervor. Zudem sollen Menschen in der Transformation zu Erneuerbaren nicht zu sehr belastet werden – im EAG zeige sich daher ein Gegensteuern zu den hohen Energiepreisen, etwa durch den Entfall der Ökostrom-Pauschale für 2022, so Kogler.

NEOS-Antrag für Verbot von Konversionstherapien kommt zurück in den Ausschuss

Mehrheitlich für eine Rückverweisung an den Gleichbehandlungsausschuss sprachen sich die Abgeordneten zu einem Entschließungsantrag der NEOS betreffend ein Verbot von sogenannten Konversions- und anderen reparativen Therapieformen an Minderjährigen aus. Die Oppositionsfraktion kritisiert im Antrag die potenziell psychisch und physisch schädigenden Behandlungen, die oft außerhalb eines beruflichen oder therapeutischen Kontexts vollzogen werden. Laut dem Rückverweisungsantrag von ÖVP und Grünen hat der Nationalrat am 16. Juni 2021 bereits eine weitergehende Entschließung „Verbot von Behandlungen bei Minderjährigen sowie Volljährigen, deren Einwilligung auf Willensmangel beruht, die auf eine Veränderung der sexuellen Orientierung abzielen“ gefasst, an dessen Umsetzung gearbeitet werde. Seitens den Oppositionsparteien war in der Debatte – neben Kritik an oftmaligen Vertagungen – von einer diesbezüglichen Abstimmungspanne im Ausschuss die Rede, wodurch der vorliegende NEOS-Antrag dort von den Koalitionsparteien trotz des früheren einstimmigen Antrags abgelehnt worden sei. 

Befasst hat sich der Nationalrat in seiner Sitzung auch mit einem Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, der sechs Petitionen umfasst. Die Bürgeranliegen behandeln unter anderem den Erhalt von Dorfläden, die Sicherstellung regionaler Lebensmittelversorgung, Platzprobleme in Schulbussen und den Schutz von ArbeitnehmerInnen vor krebserregenden Stoffen am Arbeitsplatz. Die Abgeordneten nahmen den Bericht mehrheitlich zur Kenntnis.