CO2-neutral alleine ist in Zukunft zu wenig

11.06.2024

(ÖBMV)-Die Klimaerhitzung schreitet unaufhaltsam voran, und es gibt keine Anzeichen, dass der Ausstieg aus fossilen Energien rasch genug gelingen wird, um das 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzübereinkommens einzuhalten. Darum halten Klimawissenschaftler es für dringend notwendig, bereits vorhandenes CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen. Die Abscheidung und Speicherung von biogenem CO2 aus Rauchgasen der energetischen Nutzung von Biomasse (BECCS) gilt laut Weltklimarat IPCC und der Internationalen Energieagentur IEA als Schlüsseltechnologie zur Erreichung der Klimaziele. Inwieweit BECCS eine Option für Österreich sein kann, wurde kürzlich bei einer Fachtagung des Österreichischen Biomasse-Verbandes in Wien diskutiert. „Die unsichere geopolitische Lage und der fortschreitende Klimawandel zeigen uns klar auf, dass wir weg müssen von fossilen Rohstoffen und Energieträgern. Die Nutzung von klimaneutraler Biomasse wird dabei vor allem in Österreich eine wichtige Rolle spielen. Durch die Abscheidung von CO2, das bei der Biomasseverbrennung entsteht, ließe sich sogar eine klimapositive Wirkung erzielen. Um unsere ambitionierten Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns daher mit den vielversprechenden Potenzialen der BECCS-Technologie auseinandersetzen“, betonte Norbert Totschnig, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, bei der Eröffnung der Tagung. 

Gute Voraussetzungen für BECCS in Österreich

„BECCS kann bei passenden Rahmenbedingungen bis 2040 einen Beitrag von 5 bis 10 Millionen Tonnen an Negativ-Emissionen leisten, und Österreich hat das Potenzial, dabei eine weltweite Vorreiterrolle einzunehmen“, erklärte Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. „Durch BECCS kommt es zu einem Doppeleffekt: einerseits die Substitution fossiler Energieträger und andererseits negative Emissionen, weil CO2 aus der Luft in die Erdkruste eingelagert wird. Umso langsamer der Ausstieg aus fossilen Energien erfolgt, umso mehr BECCS wird notwendig, um die CO2-Konzentration zu reduzieren und das Klima wieder abzukühlen. Österreich verfügt über eine ausgezeichnete Position für einen intensiven Einsatz von BECCS, da ausreichend große Punktquellen in der Holzverarbeitung, in Biomassekraftwerken oder Heizwerken und zugleich ein hohes Potenzial an geologischen Speichern vorhanden sind. Darüber hinaus ist Österreich in der Bioenergie- und Bergbauforschung sowie in der nachhaltigen Forstbewirtschaftung weltweit führend. Die Kombinationsmöglichkeit mit der CO2-Abscheidung in der Zementindustrie, der Müllverbrennung und in der Eisenproduktion bietet einen weiteren Wettbewerbsvorteil.“

Entfernen von CO2 aus der Atmosphäre unerlässlich

„Seit Juni 2023 war jeder neue Monat der heißeste der Aufzeichnungsgeschichte. Die globalen Oberflächentemperaturen befinden sich seit September 2023 bereits mehr als 1,5 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel. Auch nehmen die fossilen CO2-Emissionen weltweit nach wie vor zu“, hob Manfred Ogris von der Klima- und Energiesektion des Klimaschutzministeriums (BMK) die besorgniserregenden Auswirkungen des Klimawandels hervor.  Das verbleibende CO2-Budget für das 1,5°C-Ziel betrage nur noch 275 Gigatonnen CO2 und sei in sieben Jahren aufgebraucht. Danach müssten die CO2-Emissionen abrupt auf Null sinken, um die Erderwärmung zu begrenzen. 

Laut Ogris sind globale anthropogene Netto-Null-Emissionen unabdingbar, um die Temperatur zu stabilisieren. Dabei sei der Einsatz negativer Emissionen durch CDR (Carbon Dioxide Removal) unerlässlich. CDR definierte Ogris als anthropogene Aktivitäten, die CO2 aus der Atmosphäre entfernen und es dauerhaft in geologischen, terrestrischen oder ozeanischen Reservoiren oder in Produkten speichern. Zu CDR zählen CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture and Utilisation), wenn das CO2 aus der Atmosphäre entweder indirekt in Form von Biomasse oder direkt aus der Luft abgeschieden wird. CCS und CCU aus der Nutzung fossiler Brennstoffe seien dagegen keine CDR-Methoden, weil sie kein CO2aus der Atmosphäre entfernen.

„BECCS ist eine realistische Möglichkeit für zukünftige negative CO2-Emissionen. Es ist aber eine Vielzahl von Konkurrenzen und Problemen dabei zu berücksichtigen“, fasste Ogris zusammen. Als solche nannte er unter anderem Auswirkungen auf Bodenqualität und Süßwasserverbrauch oder den künftigen Bedarf an Nahrung, Futtermitteln oder Biomaterialien. 

Die österreichische Carbon Management Strategie

Die Carbon Management Strategie der EU sieht vor, dass 2040 bis 2050 30 bis 60 Millionen Tonnen CO2 aus der Biomasseverbrennung mit BECCS abgeschieden und gespeichert werden. In Österreich ist die geologische CO2-Speicherung mit Ausnahme von Forschungen bis dato verboten. Die Abscheidung, der Transport und die Nutzung von CO2 sind jedoch erlaubt, erläuterte Moritz Tiefenthaler, ebenfalls in der Klima- und Energiesektion des BMK tätig. Allerdings gibt es Empfehlungen, die CO2-Speicherung aufgrund der schwer bzw. nicht vermeidbaren prozessbedingten Emissionen in den „Hard-to-Abate-Sektoren“ wie Industrie, Müllverbrennung oder Landwirtschaft zu erlauben, wobei strenge Sicherheits- und Umweltauflagen vorzusehen sind. 

„Die österreichische Carbon Management Strategie (CMS) befasst sich mit technischen und natürlichen Kohlenstoffsenken und erhebt Potenziale zur Erzeugung negativer Emissionen als Kompensation der verbleibenden Emissionen von Hard-to-Abate-Sektoren“, stellte Tiefenthaler vor. Dabei sind die Zeiträume bis 2030 und 2040 relevant. Noch im Juni 2024 soll die von einer Steuerungsgruppe vom Klimaschutz- und Finanzministerium koordinierte CMS fertiggestellt werden. Aktuell wird auch eine Machbarkeitsstudie über ein CO2-Sammel- und Transportnetz vorgenommen. Ziel sei ferner die Sicherstellung einer grenzüberschreitenden CO2-Transportinfrastruktur in Europa, informierte Tiefenthaler. 

Weltgemeinschaft immer noch zu 80 Prozent von fossiler Energie abhängig

Tobias Pröll, Professor für Energietechnik und Energiemanagement an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), zeigte sich besorgt über die gestiegene CO2-Konzentration in der Atmosphäre und den Ozeanen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreite zwar voran, werde aber vom weltweit wachsenden Energiebedarf übertroffen. So ist der Primärenergieverbrauch global seit dem Jahr 2000 von 400 Exajoule auf etwa 600 Exajoule gestiegen. „Der Anteil der fossilen Energien am weltweiten Energiesystem liegt seit 30 Jahren unverändert bei 80 Prozent. Wir emittieren heute so viel Treibhausgase wie nie zuvor in der Geschichte. Die Herausforderung, den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern tatsächlich zu schaffen, ist daher gigantisch“, sagte Pröll. „Die Hoffnung auf negative Emissionen darf keine Ausrede sein, um die Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu verlangsamen.“  

Großteil der Kosten fällt für Abscheidung von CO2 an

„Die Energieerzeugung aus Biomasse ist bei BECCS natürlich geringer als sie es ohne Abscheidung und Speicherung des CO2 wäre“, schilderte Pröll. „Ein Teil der Energie muss für den Abscheideprozess aufgewendet werden, womit die brennstoffbezogenen Wirkungsgrade sinken. Mit BECCS benötigen wir 20 bis 25 Prozent mehr Brennstoff für die Energieproduktion.“ Drei Viertel des Aufwands und der Kosten für BECCS entfallen auf die CO2-Abscheidung, etwa 20 Prozent auf den Transport und 5 Prozent auf die Speicherung. Die Gesamtkosten bezifferte Pröll mit 100 bis 150 € pro Tonne CO2. Als politische Herausforderung beim Einsatz von BECCS betrachtet Pröll vor allem Sorgen seitens der Bevölkerung über die Umwelt und Sicherheit. Weiter sei man schon in Skandinavien, wo schon vor gut 20 Jahren mit konkreten BECCS-Projekten begonnen wurde. Der schwedische Energieversorger Stockholm Exergi plane z.B. eine große BECCS-Anlage, die pro Jahr 800.000 Tonnen biogenes CO2 abscheiden und die Stockholmer Fernwärme CO2negativ machen soll. 

Skandinavien schon einige Schritte weiter

Das Technische Forschungszentrum Finnland VTT rechnet schon in den 2030er-Jahren mit der Umsetzung von BECCS-Projekten in kleinerem Maßstab. „Die ersten Projekte dürften auf Biotreibstoff-Anlagen fokussieren, weil dort die Kosten für die Abscheidung vergleichsweise niedrig sind“, erklärte Kati Koponen, leitende Wissenschaftlerin am VTT. Finnland verfügt über große biogene Emissionspunktquellen, da der Großteil der industriellen CO2-Emissionen aus biogenen Quellen stammt. Andererseits mangelt es in dem Land an geologischen Speichern. Die Kosten für BECCS in Finnland liegen laut Koponen zwischen 119 und 237 €/Tonne CO2. Bei gemeinsamer Nutzung von Transportinfrastruktur reduzieren sie sich auf 117 bis 178 €/Tonne.

Projekte zügig in Angriff nehmen

„Da die Betriebskosten für Abscheidung und Transport einen großen Teil der Gesamtkosten ausmachen, reichen Investitionsförderungen nicht aus. Das gespeicherte CO2 muss einen Wert bekommen“, empfahl Koponen. In Schweden stellt die Energiebehörde zwischen 2026 und 2046 ein Budget von 3,3 Milliarden € für ein Auktionsverfahren für negative Emissionen zur Verfügung. „Ein solches System wäre auch in Finnland denkbar“, meinte Koponen. „Wenn wir in den 2030er Jahren funktionierende BECCS-Projekte haben wollen, müssen wir jetzt mit der Planung anfangen. Denn es ist mit etwa sieben Jahren von der Vorbereitung bis zum laufenden Betrieb zu rechnen, und die ersten Projekte sind mit Risiken behaftet. Je mehr sich die Reduktion der Treibhausgasemissionen verzögert, umso mehr CO2 müssen wir aus der Atmosphäre entnehmen.“ Als Schlüssel für den erfolgreichen Einsatz von BECCS nannte Koponen die Verfügbarkeit nachhaltiger Biomasse. Da Flächen für Energiepflanzen global begrenzt seien, wäre eine Umstellung der Ernährung mit einer Reduzierung des Fleischkonsums ein Mittel, um Weideland für den Anbau von Energiepflanzen verfügbar zu machen. 

Ausgereifte Technologie

Professor Holger Ott von der Montanuniversität Leoben beleuchtete die Umsetzung in die Praxis. „Für die Abscheidung werden Punktquellen aus Kraftwerken, Zementindustrie oder Stahlproduktion benötigt, die jährlich mehr als 100.000 Tonnen hochkonzentriertes CO2 liefern. Anschließend erfolgt der Transport per Schiff oder Pipeline zu einer Lagerstätte, worin das CO2 mit einem Injektor gepresst wird“, berichtete Ott. Als Lagerstätten eignen sich Kohlenwasserstoffspeicher oder tiefe Aquiferen (Grundwasserleiter). Wichtig sei eine poröse bzw. durchlässige Formation als Reservoir und ein impermeables (undurchlässiges) Deckgebirge darüber, das eine Fallenstruktur bildet. „Die CO2-Speicherung wird seit den 1970er-Jahren praktiziert“, erzählte Ott. „Es gibt in der Natur Lagerstätten mit 100 Prozent CO2, wo dieses seit Millionen Jahren verpackt ist. Diese Lagerstätten wurden intensiv erforscht. Die Technologie ist prinzipiell ausgereift und sicher, das heißt aber nicht, dass auch jedes Projekt sicher ist. Es gilt die geeignetsten Lagerstätten zu identifizieren, um Risiken zu minimieren.“

Österreich hat ausreichend geologische Speicher

Angesichts der Dringlichkeit des Klimawandels müsse geprüft werden, welche Speicheroptionen zeitnah realisierbar seien. Am schnellsten umsetzbar sei die Speicherung in heimischen Kohlenwasserstoffspeichern, die ein Volumen für 120 bis 300 Millionen Tonnen CO2 bieten. Bei den heimischen tiefen Aquiferen liegt das Potenzial laut Ott im Gigatonnen-Bereich, sei aber noch unzureichend erforscht. Ein enormes Potenzial bietet der CO2-Export für die Offshore-Speicherung in der Nordsee. Das Projekt Northern Lights für den grenzüberschreitenden CO2-Transport und ein Speicherinfrastrukturnetz mit offenem Zugang soll Unternehmen in ganz Europa die Möglichkeit bieten, CO2 tief unter dem Meeresboden in Norwegen zu speichern. Phase eins des Projektes wird Mitte 2024 mit einer Kapazität von bis zu 1,5 Millionen Tonnen CO2pro Jahr gestartet. 

Anwendung von BECCS im Holzkraftwerk

Wie BECCS im kleineren Maßstab in die Praxis umgesetzt werden kann, präsentierte Tobias Ilg, Geschäftsführer des Energiewerks Ilg in Dornbirn, zusammen mit seiner Tochter Julia Ilg. Das Energiewerk Ilg handelt seit 2019 mit CO2-Senken-Zertifikaten. Tobias Ilg berichtete von einer steigenden Nachfrage nach (biogenem) CO2 und bezeichnete es als Rohstoff der Zukunft. Das Holzkraftwerk der Energie-Zentrale Stöcken ist bereits CO2-negativ, da 30 Prozent des Kohlenstoffs als Pflanzenkohle abgeschieden werden. Ab August 2025 sollen durch Installation einer BECCS-Anlage weitere 56 Prozent des Kohlenstoffs in Form von flüssigem CO2 abgeschieden werden, womit nur noch 14 Prozent CO2 in den oberirdischen Kreislauf zurückgegeben werden. Jährlich sollen in der BECCS-Abscheidungsanlage 4.000 Tonnen CO2 abgeschieden werden. Dies erfordert einen Wärmebedarf von 4.800 MWh und einen Strombedarf von 1.200 MWh. 5 Millionen Euro betragen die Investitionskosten, der laufende Betrieb kostet 80 bis 100 €/Tonne. Als Verkaufserlöse strebt Ilg 120 bis 150 €/Tonne CO2 an. Eine Querfinanzierung mittels Treibhausgasquoten bezeichnete er als notwendig. Verwendung für das CO2 gebe es für Nahrungsmittel oder Getränke, Gewächshäuser, Kühlsysteme, E-Fuels oder Baustoffe. Als Vorteile der CO2-Abscheidung in Biomasseheizwerken nannten die Ilgs die regionale CO2-Produktion, die Nutzung von (Ab)wärme bei Temperaturen von 95°C und, dass auch die Nachrüstung in Heizwerken möglich sei. 

Best Practice für industrielle CO2-Vermarktung 

Erfahrungen mit der industriellen CO2-Vermarktung gesammelt hat bereits die AGRANA Stärke Gmbh, die zusammen mit ihrem Partnerbetrieb Air Liquide, der weltweit Erfahrung in der Aufbereitung und Verflüssigung von CO2 in großtechnischen Anlagen hat, jährlich 90.000 Tonnen CO2 vermarket. In Pischelsdorf werden jedes Jahr 260.000 m3 Bioethanol erzeugt. Alle Bestandteile des Getreides (Weizen, Mais) werden im Sinne der Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft verwertet, berichtete Dr. Josef Schuberth, Leiter des Standortes Pischelsdorf der Agrana Stärke. Dr. Karin Steinkellner von Air Liquide bezeichnet die Lebensmittel- und Getränkeindustrie als wichtigsten CO2-Markt. Allerdings seien beim dortigen Einsatz die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beachten, weil der CO2-Produzent zum Lebensmittelerzeuger werde. Derzeit stammen 70 bis 80 Prozent des industriellen CO2 aus fossilen Quellen und 10 bis 20 Prozent aus biogenen Quellen. Aber auch für fortschrittliche Luftfahrt-Treibstoffe oder für E-Methanol werde biogenes CO2 benötigt. 

Spannende Diskussionen: Naturschutz ist noch skeptisch

Basierend auf den Vorträgen leitete Bierpapst und Redakteur Conrad Seidl eine spannende Podiumsdiskussion. „Die Badewanne ist schon voll“, veranschaulichte Tobias Ilg. „CO2-neutral alleine ist in Zukunft zu wenig. Auch wenn ich mich klimaschonend verhalte und die Bahn anstelle des Flugzeuges nehme oder weniger Auto fahre, stoße ich immer noch CO2 aus. Es gilt aber, der Atmosphäre CO2 zu entziehen.“

Skeptischer äußerte sich Karl Schellmann, Energie- und Klimasprecher des WWF Österreich: „CCS ist derzeit noch mit großer Vorsicht zu behandeln. Klar ist, dass es sich hier um eine Notmaßnahme für tatsächlich unvermeidbare CO2-Emissionen handelt, also beispielsweise für kleine Teile der heutigen Zementemissionen, Abfallverbrennung oder Schiffsverkehr. Speicherung sollte noch einige Jahre verboten bleiben, aber Erforschung der Lagerstätten und Entwicklung der notwendigen Infrastruktur sollte jetzt beginnen. BECCS kann eine der notwendigen Maßnahmen zur Entfernung von CO2 aus der hauptsächlich fossil überhitzten Atmosphäre sein, der Weg dorthin ist aber noch weit.“ Für eine rasche Ausrollung sprach sich dagegen Pröll aus: „Wir können es uns nicht mehr leisten, CO2 in die Atmosphäre zu blasen, sondern müssen so schnell wie möglich damit aufhören“, mahnte er. „Chemische Industrie, Eisen und Stahl, Papier- und Zellstoffindustrie oder Müllverbrennung werden wir auch noch 2040 und 2050 in Europa haben wollen, denn es bringt dem Klima nichts, diese Industrien auszulagern. Für diese Punktquelle können wir heute schon CCS beschließen und bauen.“ 

Auch gegenüber dem künftigen Einsatz von Biomasse zeigte sich Schellmann kritisch: „Zu zwei Dritteln läuft unser Land immer noch durch importierte fossile Energie. Kurzfristig hat Bioenergie sicher noch eine Rolle bei der Verdrängung der Fossilen. Mittelfristig ist aber auch das CO2 aus der Verbrennung von Biomasse ein Klimaproblem und muss durch Energieeinsparung und CO2-freie Energiegewinnung abgelöst werden. Hier ist eine Entwicklung in der Bioenergie-Szene notwendig, die jetzt begonnen werden muss“, forderte er.

„Die Nutzung von Biomasse ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Widerstandsfähigkeit unserer Wälder. Die Nutzung der hohen Holzvorräte reduziert die Anfälligkeit der Wälder für Schadereignisse, speichert Kohlenstoff langfristig in Holzprodukten und ersetzt fossile Bau- und Brennstoffe“, entgegnete Titschenbacher. „BECCS steht beim Einsatz von nachhaltiger Biomasse in keinem Widerspruch zum Erreichen der EU-Ziele für den Landnutzungssektor (LULUCF), denn durch die nachhaltige Bewirtschaftung haben die Holzvorräte im österreichischen Wald seit 1960 von 780 Millionen auf 1,2 Milliarden Vorratsfestmeter zugenommen. Mit Holz zu Heizen setzt nicht mehr CO2 frei als es ungenutzt im Wald verrotten zu lassen.“