Debatte über grüne Anleihen

06.10.2021

(PA_Pressedienst der Parlamentsdirektion) – Die Rolle des Finanzsektors beim Klimaschutz beschäftigte heute den EU-Ausschuss des Bundesrats. Diskutiert wurde ein Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, der Anleihen für klimafreundliche Projekte Auftrieb geben soll. Seitens der BundesrätInnen gab es dafür grundsätzlich Lob, da fälschlich als klimafreundlich deklarierte Projekte durch strengere Vorgaben von der Finanzierung ausgeschlossen werden sollen. Allerdings wurden unter den VertreterInnen der Länderkammer Befürchtungen laut, die Atomenergie könnte von den Anleihen profitieren.

Dem Finanzbereich widmete sich der EU-Ausschuss außerdem in der heutigen Diskussion zu Maßnahmen, die von der EU als Teil ihres Geldwäsche-Präventionspakets vorgeschlagen werden. Konkret regt die EU-Kommission an, nationalen Strafverfolgungsbehörden über ein zentrales Register EU-weiten Zugang zu Bankkontoinformationen zu geben. Von österreichischer Seite wird dieser Plan kritisch gesehen. Der verfassungsrechtliche Schutz von Bankdaten hierzulande dürfe nicht untergraben werden, waren sich BundesrätInnen und die Vertreter von Innenministerium und Finanzministerium einig.

Grüne Anleihen sollen Geld für ökologisches Wirtschaften mobilisieren

Mit einer diesen Sommer vorgeschlagenen neuen Verordnung will die EU-Kommission einen freiwilligen EU-Standard für sogenannte grüne Anleihen schaffen und dadurch die Finanzierung nachhaltiger Investitionen – etwa in ressourcenschonenden Wohnbau oder in CO2-freien Verkehr – noch attraktiver machen. Dieser „Goldstandard“ sollte grundsätzlich für private wie öffentliche Emittenten gelten und sicherstellen, dass Investoren vor Grünfärberei (Greenwashing) geschützt sind, indem er eine Reihe von strengen Nachhaltigkeitsanforderungen mit sich bringt. So dürften die durch die Anleihe mobilisierten Mittel einzig für ökologisch verantwortungsvolle Projekte eingesetzt werden. Mit detaillierten Berichtspflichten will man vollständige Transparenz über die Verwendung der Erlöse aus der Anleihe gewährleisten. Derzeit bestünden durch das Fehlen einheitlicher Definitionen des Begriffs „ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten“ Unsicherheiten darüber, welche Wirtschaftstätigkeiten berechtigterweise als grün gelten, gibt die Kommission zu bedenken. Unternehmen, die grüne Anleihen herausgeben, stünden deswegen in der Gefahr, durch Greenwashing-Vorwürfe ihre Reputation zu riskieren.

Überwacht werden soll die Einhaltung der Vorgaben für grüne Anleihen durch externe PrüferInnen, die bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde registriert sind, wie ein Experte der Bundesfinanzierungsagentur im Ausschuss erklärte. Allerdings sieht der Verordnungsvorschlag hier eine spezifische, begrenzte Flexibilitätsregel für die öffentliche Hand vor. Demnach wären Mitgliedstaaten in der Lage, unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie Unternehmen europäische grüne Anleihen auszugeben und dennoch von einer gewissen Flexibilität zu profitieren, heißt es im Kommissionsentwurf mit Verweis auf institutionelle Besonderheiten im öffentlichen Sektor.

Den Befürchtungen der Ausschussmitglieder Johannes Hübner (FPÖ/W) und Bettina Lancaster (SPÖ/OÖ), durch die geplanten grünen Anleihen könnten europäische Atomstromprojekte finanziert werden, erwiderte der Ministeriumsvertreter, mit einem derartigen Finanzierungsziel wären die Anleihen nicht zu verkaufen. Immerhin diene als Maßgabe für die Anleihen die Verordnung zur EU-Klimataxonomie, die darauf abzielt, Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu fördern, wie eine Expertin aus dem Finanzministerium ausführte, die gleichzeitig eine Weiterentwicklung dieser Taxonomie ankündigte.

Ein Problem der derzeitigen Klimavorgaben der EU könne in ihrer Komplexität liegen, deutete Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP/N) mit ihrer Bemerkung an, derzeit sei nur ein kleiner Teil der Bewerber in der Lage, sämtliche Anforderungen der grünen Anleihen zu erfüllen. Dabei brauche die EU zum Erreichen ihrer Klimaziele jährlich 336 Mrd. € und damit die Finanzkraft der Privatwirtschaft, mahnte Marco Schreuder (Grüne/W).

Bankkontenregister: Österreich stellt sich gegen Zentralisierung

Einige Kritik gab es im Ausschuss an den Plänen der EU-Kommission, ein vernetztes europäisches Kontenregister aufzubauen, um RichterInnen, StaatsanwältInnen und der Kriminalpolizei den Informationszugang über die Finanzierung illegaler Aktivitäten in der EU zu erleichtern. Die anwesenden Experten aus dem Innenministerium und dem Finanzministerium erinnerten, das Bankgeheimnis in Österreich stehe anders als in vielen anderen EU-Ländern im Verfassungsrang.

Die hohen heimischen Hürden, Kontoinformationen zu erlangen, – eine „österreichische Eigenheit“, wie Bundesrat Martin Preineder (ÖVP/N) sagte -, wären bei einem zentralen europäischen Kontenregister kaum zu bewahren. Außerdem erfolge der Datenaustausch mit den zuständigen Financial Intelligence Units der anderen 26 EU-Mitglieder schon jetzt binnen weniger Tage, also recht schnell, meinte der Innenressortvertreter. Von seinem Kollegen aus dem Finanzressort wurde Bundesrätin Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/W) bestätigt, die Qualität der Datenausgabe sei bei einem Direktzugriff schwerer zu überprüfen. Abgesehen davon geht es hier aufgrund der Sensibilität von Bankdaten aus Ministeriumssicht um den Grundrechteschutz. Die Konteninhaber selbst würden in Österreich über eine erfolgte Einsicht wiederum lediglich bei Abgabeverfahren – und nicht bei Finanzstrafverfahren und ähnlichem – informiert, erfuhr Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W).

Die Vermutung von Bundesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ/St), intransparente Kanäle wie Kryptowährungen würden zur Abwicklung krimineller Geschäfte immer häufiger genutzt aber im Richtlinienvorschlag nicht mitumfasst, bejahte der BMF-Experte zwar. Er wies aber darauf hin, dass letztlich reale Zahlungsmittel nötig sind, digitale Währungen also gewechselt werden müssen, um sich zu bereichern.

EU will Informationsfluss über kriminelle Finanzströme erleichtern

Die EU-Kommission sieht jedenfalls großen Handlungsbedarf beim Kampf gegen kriminelle Finanzströme: Im Jahr 2019 beliefen sich ihr zufolge die Einnahmen aus kriminellen Aktivitäten in der EU auf 139 Mrd. €, das entspreche 1% des Bruttoinlandsprodukts der Union. Das schade nicht nur der legalen Wirtschaft und den öffentlichen Einrichtungen, sondern untergrabe auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat. Nur ein geringer Teil der Tatwerkzeuge und Erträge aus Straftaten werde eingezogen, da der bereits geschaffene Rechtsrahmen zur Vermögensabschöpfung auf EU- und nationaler Ebene nicht ausreiche, findet die Kommission. Den nationalen Strafverfolgungsbehörden fehlten nämlich rasch verfügbare Informationen über Personen, die Gegenstand einer Ermittlung sind und Bankkonten in einem anderen Mitgliedstaat unterhalten. Die Einholung dieser Informationen über die Kanäle für die polizeiliche oder justizielle Zusammenarbeit sei aufwändig und zeitintensiv, was die Strafverfolgung behindere.

Zur Lösung dieses Problems wird in einem Richtlinienentwurf nun vorgeschlagen, dass in einer zentralen europäischen Zugangsstelle für Bankkontenregister, die von der EU-Kommission entwickelt und betrieben werden soll, die Informationen aus den Bankkontenregistern der Mitgliedstaaten zusammenfließen. Zugang dazu sollten all jene Behörden der EU-Mitglieder haben, die für die Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten zuständig sind. Damit würde die Zugriffsberechtigung ausgeweitet, da derzeit nur vom jeweiligen Land benannte Behörden auf Bankkonteninformationen zugreifen dürfen. Grundlage für diese Änderung soll neben dem heute im Ausschuss behandelten Entwurf auch eine parallel dazu vorgeschlagene neue Geldwäscherichtlinie bilden.  

Als Alternative für ein zentrales europäisches Bankenregister schlagen das BMI und das BMF vor, den Informationsaustausch künftig über zentrale nationale Ansprechstellen abzuwickeln. Diese könnten die Zulässigkeit und die Verhältnismäßigkeit der einlangenden Anfragen vorab prüfen.