Lenkungsabgabe: Der faire Schlüssel zur Klimarettung

Jetzt handeln Weiter Kann Privatwirtschaft die Paris-Lücke schließen?

Ausgabe 112 - Aus der Wissenschaft

09.04.2019

Die Lenkungsabgabe ist eine der wesentlichsten und effektivsten Stellschrauben, klimaschädliches Handeln unattraktiver zu machen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums, sieht in der Lenkungsabgabe den ökosozialen Weg, die Pariser Klimaziele bis 2050 zu erreichen.

Seit drei Jahren nehmen die CO2-Emissionen in Österreich wieder zu. Speziell die Emissionen im Verkehrssektor steigen kontinuierlich an. Fossile Ressourcen werden in Österreich nur sehr gering besteuert. Im europäischen Vergleich liegt Österreich nur im hinteren Drittel. Gleichzeitig gibt es ein politisches Bekenntnis zur Emissionsneutralität im Jahr 2050. Die Pariser Klimaziele erfordern eine entschiedene Reduktion unseres klimaschädlichen Verhaltens. 
Fossile Energie ist billig, weil die wahren Kosten auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. In Wirklichkeit sind diese enorm, werden aber in den Preisen an der Zapfsäule, auf der Gasrechnung oder beim Flugticketkauf nicht abgebildet. 

SIGNAL FÜR BEVÖLKERUNG 

„Eine Lenkungsabgabe kann die Preise berichtigen und Kostenwahrheit herstellen“, ist der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pern-kopf, überzeugt. Während in anderen Ländern schon Schritte gesetzt wurden, war man in Österreich mit solchen Maßnahmen bisher deutlich zurückhaltender. Experten sind sich einig, dass die Lenkungsabgabe eine der wesentlichsten und effektivsten Stellschrauben im Kampf gegen den Klimawandel ist. 

VERURSACHERGERECHT 

„Schweden hat schon 1991 eine Lenkungsabgabe eingeführt. Und der Wirtschaft hat das nicht geschadet, aller Unkenrufe zum Trotz“, belegt Pernkopf. „Zwischen 1990 und 2008 verdoppelte sich das Bruttonationalprodukt sogar.“ Eine verursachungsgerechte und faire Besteuerung von Energiequellen kann zukunftsträchtige Branchen und Technologien (z. B. im Rahmen der Bioökonomie) fördern. „Insgesamt ermöglicht eine klug implementierte Lenkungsabgabe einen langfristigen Planungshorizont für die Wirtschaft. Dies kann sich positiver auf die Wirtschaft auswirken als Unsicherheit über den Einfluss von Klimamaßnahmen“, so Pernkopf. 

ENDLICH HANDELN 

Die Ökologisierung des Steuersystems hat einen Namen: Ökosoziale Steuerreform. Der ökosoziale Gedanke ist untrennbar mit der Person des ehemaligen Vizekanzlers Josef Rie-gler verbunden, der die Grundsätze der Ökosozialen Marktwirtschaft 1989 formuliert hat. 
„Heute, 30 Jahre später, sollte sich die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass freundliche Appelle ohne Preissignale nur sehr beschränkt wirksam sind. Um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen und nicht weiter mit der Kreditkarte unserer Kinder zu bezahlen, darf Österreich nicht weiter umweltfreundliches Verhalten mit höheren Preisen bestrafen, sondern muss klimaschädliches Handeln unattraktiver machen. Das ist der Kern der Ökosozialen Marktwirtschaft“, stellt Pernkopf fest. „Wir schlagen daher die Einführung einer Lenkungsabgabe vor.“ 

DER LÖSUNGSVORSCHLAG 

Im ersten Schritt wird eine Förderung für Alternativen zu fossiler Energie eingeführt (z. B. Elektromobilität, nachhaltige Heizsysteme etc.; s. Grafik). Damit wird zu klimaschonendem Verhalten motiviert. In weiterer Folge werden CO2-Emissionen mit einem Preis versehen, um damit verursachungsgerecht Steuereinnahmen zu lukrieren – nach dem Motto „Wer mehr emittiert, zahlt mehr“. 
Dieses System ist so gestaltet, dass die Höhe der Förderungen den Einnahmen der Lenkungsabgabe entspricht. Jeder Einzelne kann die zusätzlichen Kosten, die ihm durch die Lenkungsabgabe entstehen, durch die Inanspruchnahme von Förderungen für klimafreundliches Verhalten abfedern. Dieser Ansatz entspricht einem Anreizsystem mit Eigenverantwortung. Wer früher auf klima-freundliche Alternativen umsteigt, erhält dafür eine Förderung und zahlt anschließend weniger. Somit werden fossile Energieträger schrittweise unattraktiver und die Emissionen aus deren Nutzung sinken. 
„Wir müssen heute handeln, damit das Morgen lebenswert bleibt. Mit dieser Idee wäre Österreich wieder Vorreiter in Sachen Klimaschutz, und das ohne Zusatzkosten – die Strafzahlungen beim Verfehlen der Klimaziele könnte sich Österreich darüber hinaus auch ersparen“, so Pernkopf.