(AFU) – In den Jahren 2017 und 2018 überschritten Bund und Länder die im Klimaschutz-Gesetz festgelegten Höchstwerte für den CO2-Ausstoß. Dies führt gleichzeitig dazu, dass Bund und Länder Maßnahmen vorschlagen müssen, wie sie die Grenzen wieder einhalten wollen. Nach Verhandlungen wurde gestern diesbezüglich ein Bericht veröffentlicht, der sowohl von den Oppositionsparteien aber vor allem von den Umwelt-NGOs scharf kritisiert wurde. Aus ihrer Sicht wird zu wenig bis gar nichts verändert bzw. verbessert. Die Enttäuschung ist groß. Das zuständige Ministerium von Bundesministerin Leonore Gewessler verwies darauf, dass die meisten Maßnahmen noch aus der türkis-blauen Ära stammen und die meisten neuen Pläne noch nicht eingearbeitet wurden. Bis Ende des Jahres soll ein neues Klimaschutzgesetz vorgelegt werden.
Opposition sieht Handlungsbedarf beim Klimaschutz
Auch im Nationalrat wurde über die Thematik gestern in Anwesenheit der Klimaschutzministerin Gewessler debattiert. Anträge der SPÖ zielten auf Klimachecks vor der Bodenversiegelung öffentlicher Flächen sowie auf Sofortmaßnahmen zur Erreichung der Klimaziele ab. Alle Anträge wurden vom Umweltausschuss abgelehnt. Sofortmaßnahmen laut Klimaschutzgesetz bei Verfehlung der Klimaziele vermisst Julia Herr (SPÖ) nach wie vor. Sie kritisierte, dass bereits die Maßnahmen der Zielverfehlungen von 2017 zu lange auf sich warten ließen und dass erst heute der Bericht über die gesetzten Maßnahmen veröffentlicht wurde, obwohl dies laut Gesetz bereits nach sechs Monaten zu erfolgen hätte. In diesem Zusammenhang stellte sie einen weiteren Entschließungsantrag an Umweltministerin Leonore Gewessler, die darin unter anderem aufgefordert wird, Sofortmaßnahmen im Sinne des Klimaschutzes zu setzen, mit denen die Zielerreichung sichergestellt werde.
Auch in der Debatte rund um den Klimaschutz kamen die Abgeordneten nicht an der Corona-Krise vorbei. Die aktuelle Situation überdecke die Klimakrise, urteilte etwa Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP). Lukas Hammer (Grüne) verglich den Klimaschutz mit dem Gesundheitsschutz – schließlich gehe es bei beiden um Menschenleben. Viele der RednerInnen sahen aber auch Chancen für den Klimaschutz beim Weg aus der Corona-Krise und umgekehrt. Für Walter Rauch (FPÖ) sinkt die CO2-Belastung nicht im selben Ausmaß wie das Ausmaß des Verkehrs. Daher seien die AutofahrerInnen nicht so sehr am Klimawandel in die Schuld zu nehmen, sondern vielmehr zu entlasten.
Gewessler: Österreich hat Nachholbedarf bei Klima-Governance
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler zeigte sich über die Einführung der Klimachecks erfreut. Diese leisten einen wichtigen Beitrag im Bereich der Klima-Governance, bei der Österreich noch Nachholbedarf habe, um unter anderem rascher auf Zielverfehlungen reagieren zu können. Dies zeige auch der von Julia Herr (SPÖ) angesprochene Bericht, der heute, dem Klimaschutzgesetz folgend, veröffentlicht wurde. Darin seien die von der Vorgänger- und der Übergangsregierung gesetzten Maßnahmen erfasst worden, wobei auch die Maßnahmen nach den Zielverfehlungen von 2018 in den Bericht aufgenommen wurden. Der Bericht zeige auf, dass noch viel zu tun sei, so Gewessler. Die Maßnahmen der jetzigen Regierung seien noch nicht umfasst, schließlich würden sich jene wie im Bereich der Ölheizungen oder thermischen Sanierung erst 2020 auswirken. Maßnahmen, die einen legistischen Rahmen erfordern, wie z.B. bei erneuerbaren Energieträgern oder beim Flächenverbrauch, würden erst 2021 zum Tragen kommen. Zur Corona-Krise sagte Gewessler, dass erste Zahlen eine Verbesserung der Luftgüte belegen würden. Sie zeigte sich überzeugt, dass mit einer ambitionierter Klimapolitik auch ein Weg aus der Krise gefunden werden kann.
GLOBAL 2000: Klimaschutz-Maßnahmenpaket ist Tiefpunkt
Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 sieht das vorliegende Ergebnis der Verhandlungen nach dem Klimaschutzgesetz als einen neuerlichen Tiefpunkt der vergangenen Klimaschutzpolitik. Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Verhandlungen über zusätzliche Maßnahmen zu führen sind, wenn die Erreichung der Klimaziele in Gefahr ist. Das ist derzeit der Fall. Die vorliegenden Maßnahmen bringen aber kaum Einsparungen. Zum Großteil fehlen die gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungen völlig. Somit bleibt unklar, was das Maßnahmenpaket an Einsparungen überhaupt bringt. Damit widerspricht das Maßnahmenpaket den gesetzlichen Anforderungen des Klimaschutzgesetzes.
WWF: Bundesländer und Finanzminister bremsen
Österreichs Treibhausgas-Emissionen lagen zuletzt um mehrere Millionen Tonnen über den erlaubten Höchstwerten des Klimaschutzgesetzes, das in diesem Fall zwingend rasche Verhandlungen zur Senkung der CO2-Emissionen vorsieht. Die dafür am Mittwoch als Ergebnis vorgelegte „Maßnahmentabelle des Bundes und der Länder für die Jahre 2019 und 2020“ ist jedoch völlig unzureichend und wird der Klimakrise in keinster Weise gerecht. Das zeigt eine erste Analyse des WWF Österreich. „Dieses Verhandlungsergebnis ist ein Desaster. Österreichs miserable CO2-Bilanz muss umfassend saniert werden, aber zentrale Mitspieler wie die Bundesländer und das Finanzministerium kommen ihrer Verantwortung nicht nach. Statt wirksamer Maßnahmen kommen von ihnen nur mutlose Trippelschritte, mit denen die Klimaziele verfehlt werden“, sagt Karl Schellmann, Klimasprecher des WWF Österreich. Die Umweltschutzorganisation fordert daher neben Sofortmaßnahmen eine deutliche Verschärfung des zahnlosen Klimaschutzgesetzes. Das Scheitern zeigt sich laut WWF insbesondere daran, dass der Bund und die Länder bei den meisten Maßnahmen nicht einmal eine ungefähre Wirkung angeben können.
Greenpeace: Maßnahmen vollkommen unzureichend
Greenpeace kritisiert die mangelhaften Ergebnisse scharf. Bereits letzten Herbst reichte die Umweltorganisation eine Beschwerde bei den laut Klimaschutz-Gesetz zuständigen Bundesministerien ein, da die Veranlassung der Sofortmaßnahmen monatelang verschleppt wurde. Die neuen Pläne zeigen jetzt, dass die in den letzten Jahren gesetzten Sofortmaßnahmen schwammig und mangelhaft sind. Das bestätigt nicht nur die völlige Ignoranz gegenüber dem Klimaschutz unter den letzten Regierungen, sondern auch die Unfähigkeit des Klimaschutzes-Gesetzes, bei Kursabweichungen die Regierung zu schnellen und umfassenden Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten.