(PL) Holz als Baustoff kommt auch in Deutschland immer mehr in Mode, berichtet die renommierte Frankfurter Allgemeine Zeitung. Dies gilt nicht nur für Einfamilienhäusern, sondern verstärkt auch für Hochhäuser. So entsteht in der Studentenstadt Heidelberg in den nächsten Monaten ein viergeschossiges Holzhaus mit Platz für 176 Bewohner und 46 Wohnungen mit dem Namen Collegium Academicum. Eingesetzt werden Brettschichtholz, Bau-Buche und Brettsperrholz. Das Wohnheims soll den Studenten selbstverwaltetes Leben und Lernen ermöglichen. Der Auftragswert des Projektes beträgt rund 4,4 Millionen Euro.
Die Bauteile werden bei der Züblin-Tochtergesellschaft Timber GmbH mit Sitz im bayerischen Aichach vorproduziert und vor Ort montiert. „Vor zehn Jahren gab es wenige Großprojekte, die jedoch häufig repräsentativ waren. Inzwischen gibt es eine große Zahl an normalen größeren Projekten im mehrgeschossigen Wohn- und Verwaltungsbau“, erklärt Anders Übelhack von Züblin. Die Holzbau-Sparte des Bauunternehmens machte mit zuletzt 280 Mitarbeitern rund 60 Millionen Euro Umsatz im Jahr.
Holz hat die beste Kohlenstoffbilanz
Warum ist der Baustoff Holz so beliebt? Da sind vor allem die Nachhaltigkeitsdebatte und die Diskussion rund um den Klimaschutz. Der Rohstoff wächst nach. Und kein anderer Baustoff kann sich im Hinblick auf die Kohlenstoffdioxidbilanz mit dem Material messen. Holz ist der einzige Bauwerkstoff, bei dem das Treibhausgas nicht ausgestoßen, sondern gespeichert wird. Und bei nachhaltiger Forstwirtschaft geht das Holz auch nicht aus. Aktuell wachsen in deutschen Wäldern um die 120 Millionen Festmeter Holz im Jahr nach, geerntet werden um die 75 Millionen Festmeter Holz, so das baden-württembergische Forstministerium. Dessen Minister Peter Hauk (CDU) sagt: „Mit Blick auf die Vielfalt sowie den Holzzuwachs und die Holzvorräte nehmen unsere Wälder eine europäische Spitzenstellung ein. Dieses Potential muss auch mit Blick auf das Erreichen der Klimaschutzziele der Gesellschaft bestmöglich genutzt werden.“ Und Johannes Niedermeyer, Geschäftsführer des Holzbau Deutschland-Instituts, sagt: „Unabhängig vom Baustoff werden die Materialeigenschaften der Bauprodukte im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft und die Ressourceneffizienz immer wichtiger.“
Baden-Württemberg ist Spitzenreiter im Holzbau
Baden-Württemberg nimmt seit Jahren den Spitzenplatz bei der Holzbauquote im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau ein. Die Quote betrug im vergangenen Jahr 31,9 %. Es folgen Rheinland-Pfalz und Bayern mit 24 % und 23,2 %. Im Norden Deutschlands ist die Quote deutlich geringer, beispielsweise in Niedersachsen mit 10 % oder Mecklenburg-Vorpommern mit 14,4 %. Als ein Grund für die unterschiedlichen Quoten wird von Fachleuten die unterschiedliche Bewertung in den Landesbauordnungen genannt. „Bauen ist Ländersache, und einige Bundesländer hinken bei der Gleichberechtigung des Baustoffs Holz weit hinterher“, sagt Hans Volker Noller, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau.
Rheinland-Pfalz fördert Holzbau wegen Klimaschutz und Stärkung der Waldwirtschaft
In Rheinland-Pfalz hat der Ministerrat am 26. Mai einen Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordnung gebilligt. Wie das Ministerium für Finanzen berichtet, sollen mit der Anpassung der Landesbauordnung auch der Einsatz von Holzbauteilen bei höheren Gebäuden (insbesondere Geschosswohnungsbau) ermöglicht werden. Holz kann demnach als Baustoff für Gebäude bis zu einer Höhe von 22 Metern eingesetzt werden; bisher lag die Grenze bei 13 Metern. „Holz ist ein besonders nachhaltiger, umweltschonender Baustoff, der für die Erreichung nationaler und internationaler Klimaschutzziele eine wichtige Rolle spielt. Nicht zuletzt ermöglicht Holz oft auch kostengünstiges Bauen und fördert die regionale Waldwirtschaft“, erklärt die rheinland-pfälzische Bauministerin Doris Ahnen.
Dem Baustoff Holz werden Steine in den Weg gelegt
Die Regeln zum Brandschutz werden gleichfalls als ein Hemmnis für den Holzbau genannt. „Der Gesetzgeber gibt klare Regeln vor, die sich zum Teil leider mehr an der Materialität und ihrer grundsätzlichen Brennbarkeit statt an allgemeingültigen Schutzzielen wie der Feuerwiderstandsdauer oder der Brandausbreitung orientieren. So werden dem Baustoff Holz und den Holzbauunternehmen Steine in den Weg gelegt, die nicht gerechtfertigt sind.“
Zuwachs im mehrgeschossigen Wohnbau und Nachverdichtungen
Oftmals werden Fertighäuser aus Holz erstellt. Befürworter des Holzbaus setzen zugleich auf den Bau von mehrgeschossigen Wohnbauten aus dem Naturwerkstoff. Forstminister Hauk dazu: „Der Mangel an Wohnraum ist vor allem in den Ballungsräumen eine der drängendsten Fragen unserer Zeit. Der nachwachsende und klimafreundliche Roh- und Baustoff Holz ist bestens dafür geeignet, Städte und Gemeinden innerörtlich nachzuverdichten oder bestehende Gebäude aufzustocken und so dem Wohnraummangel entgegenzuwirken.“ Um die große Nachfrage nach Wohnungen zu decken, müssen nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft in Deutschland jährlich 350.000 bis 400.000 Wohnungen entstehen.
Großes Potenzial für Holz bei Aufstockungen
Niedermeyer sieht vor allem in der Aufstockung von Häusern großes Potential für den Baustoff Holz. Holzbauteile sind leicht und ermöglichen Aufstockungen auch bei geringen statischen Reserven des Gebäudebestandes. Zudem bietet der Holzbau mehr Raum: „Schlanke Holzkonstruktionen bieten auf der gleichen Grundfläche mehr Wohnfläche als andere Bauformen.“ Eine Studie der TU Darmstadt weist darauf hin, dass auf deutschen Dächern bis zu 2,7 Millionen Wohnungen zusätzlich errichtet werden könnten.
Hoho, Wildspitze und Co.
Inzwischen werden auch Hochhäuser in Holz errichtet. So ist beispielsweise in Heilbronn der Wohnturm „Skaio“ mit 34 Meter Höhe entstanden. Das Holzbauhochhaus „Wildspitze“in Hamburg soll 2021 fertig sein. Das mit mehr als 85 Metern höchste Holzhochhaus der Welt wurde im März 2019 in Brumunddal in Norwegen eröffnet. Paneele aus Fichte kleiden dort die Fassade des Mjøsa-Turms, aber auch das Skelett setzt sich aus Holz zusammen. Nur einen Meter kleiner und damit zweithöchstes Holzhaus weltweit ist das Hoho in Wien Aspern.