Großwärmespeichertechnologien …

Auszeichnungs-Rekord Weiter Neuer APG-Vorstand

… in Nah- und Fernwärmenetzen

30.04.2024
Das Wärmekraftwerk der Zukunft

(PA_AEE) – Der Gesamtendenergieverbrauch für Fernwärme betrug im Jahr 2018 in der EU 446 TWh, was rund 12 % des Endenergieverbrauchs für Raumheizung und Warmwasserbereitung ausmachte bzw. die Versorgung von umgerechnet rund 60 Millionen EU-Bürger*innen ermöglichte. Der aktuelle sozioökonomische und geopolitische Kontext (Russland-Ukraine-Krise, FitFor55-Paket der EU) deutet darauf hin, dass der Fernwärmesektor in der EU exponentiell wachsen wird. Diese Aussage wird durch die spezifischen Pläne der EU-Länder für 2050 bestätigt, in denen für die nächsten drei Jahrzehnte ein radikaler Anstieg erwartet wird. Somit könnte die Fernwärme bis 2050 fast die Hälfte des europäischen Wärmebedarfs decken, was einem Anstieg um den Faktor 4 entspricht . Parallel zu diesen Entwicklungen hat sich die EU mit dem Green Deal das Ziel gesetzt, bis 2050 gänzlich auf die Verwendung fossiler Energieträger zu verzichten. Das bedeutet für den europäischen Fernwärmesektor die sukzessive Stilllegung von Heizwerken sowie Kraft-Wärmekopplungen auf Basis von Kohle, Erdöl und Erdgas. 

Um dies zu gewährleisten, müssen alle Energiesektoren, aber insbesondere auch der Fernwärmesektor rasch in erneuerbare Konversionsanlagen investieren. Aufgrund der für Europa nicht annähernd in ausreichendem Ausmaß vorhandenen Biomasseressourcen, können fossile Konversionsanlagen nicht direkt an zentraler Stelle substituiert werden, sondern erfordern den Einsatz mehrerer, dezentraler erneuerbarer Konversionstechnologien (Wärmepumpen, Solarthermie, P2H, Geothermie, etc.) sowie Abwärmen (aus Industrie, aus KWK´s auf Basis von Biomasse und grünem Gas, etc.). Damit aber nicht genug, denn in Bezug auf das zeitliche Missverhältnis von Angebot und Nachfrage muss das zukünftige Energiesystem sehr flexibel sein, damit fluktuierende erneuerbare Energiequellen erfolgreich genutzt werden können. Große Wärmespeicher können diese dringend benötigte Flexibilität über Stunden, Wochen und Monate bereitstellen und spielen deshalb in der Energiewende eine zentrale Rolle. Nach eigenen Berechnungen und unter Festlegung von zwei Szenarien liegt der Bedarf an großen unterirdischen Erdbeckenwärmespeichern (Englisch: Pit Thermal Energy Storage, PTES) in europäischen Fernwärmenetzen in den nächsten 25 Jahren zwischen 1.500 und 6.000 Projekten mit jeweils einem Volumen von 1 Million m³.

EU-Projekt zum Thema Großwärmespeicher unter der Leitung von AEE INTEC in Graz gestartet:

Das derzeitige Wissen über große thermische Energiespeicher beschränkt sich auf eine kleine Anzahl von umgesetzten Projekten. Um diesen Umstand nachhaltig zu ändern, hat ein Projektteam von 23 europäischen Forschern, Technologieanbietern, Baufirmen und Wärmenetzbetreibern unter der Leitung des steirischen Forschungsinstituts AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC) eine Projektidee entwickelt, die zukünftig eine robuste, sichere, kostengünstige und nachhaltige thermische Energiespeicherung im großen Maßstab gewährleistet und hat damit das EU-Projekt „TREASURE – Neuartige Großwärmespeichertechnologien in Nah- und Fernwärmenetzen“ gewonnen (Forschungsprogramm Horizon Europe). Vom 5. bis zum 7. März 2024 fand dazu in Graz das Kick-off Meeting des 11 Millionen Euro schweren Großprojektes statt. 

Projektinhalte und Zielsetzungen:

Die Ziele des Projektes sind es, Innovationen auf dem Gebiet der Komponenten- und Systementwicklung zu liefern und damit eine erhebliche Kostenreduktion zu ermöglichen: 

  • Die Forschung richtet ihr Augenmerk hier einerseits auf Baukonstruktionen für Speicherwände und Speicherabdeckungen, die insbesondere für den urbanen Raum flächeneffiziente Lösungen bieten und somit trotz geringer Flächenverfügbarkeit und hoher Grundstückskosten umgesetzt werden können. 
  • Um Bauabläufe zu optimieren, die Bauqualität zu erhöhen und die Kosten zu senken, ist ein erklärtes Projektziel die Erweiterung des im Gebäudebereich hinlänglich bekannten „Building Information Model“ (BIM) auf die Erfordernisse von Großwärmespeichern.
  • Die Entwicklung von sogenannten „digitalen Zwillingen“ von Großwärmespeichern erlaubt nicht nur in der Planung ein simulationsgestütztes Optimieren des Speicher- und Systemdesigns, sondern bietet auch die Basis für eine effiziente Betriebsführung und Regelung über die gesamte Speicherlebensdauer.
  • TREASURE zeigt weiters die Funktion und die Wirtschaftlichkeit der Technologie anhand von 7 im Laufe des Projektes umzusetzende Großwärmespeicherprojekte. Eine enge Begleitung des Planungs-, des Bau- und teilweise auch des Anlagenbetriebs (Monitoring) garantiert bestmöglichen Wissensgewinn und den Austausch im Projektkonsortium bzw. der interessierten Branche.
  • Das generierte Wissen soll weiteren 14 europäischen Vorhaben für Großwärmespeicher zugänglich gemacht werden (sogenannte Satelliten-Projekte)

Der Hauptnutzen des Projektes liegt in der Abbildung der Funktionalität sowie der Wirtschaftlichkeit von Großwärmespeichertechnologie. Die aus der Projektabwicklung gewonnenen Erkenntnisse werden zukünftig eine breite Informationsbasis und innovative Lösungsansätze für Investoren, Fernwärmebetreiber, Entscheidungsträger, Baufirmen und Ingenieure liefern, welche wiederum wichtige Beiträge zur Beschleunigung des Marktwachstums von Großwasserwärmespeichern in Europa leisten werden. 

Sieben konkrete Umsetzungen von großtechnischen Wärmespeichern in europäischen Städten:

Insgesamt sollen im Projekt sieben unterirdische Großwasserwärmespeicher mit Volumen zwischen 18.000 und 500.000 m³ in 5 europäischen Ländern umgesetzt werden, sprich, von der Planung, der baulichen Umsetzung bis hin zum Betrieb begleitet werden. Dabei wird Wärme aus unterschiedlichen erneuerbaren Energien und industrieller Abwärme gespeichert, um fossil generierte Wärme aus Kohle, Erdöl und Erdgas zu substituieren. Die 7 Demonstratoren befinden sich in unterschiedlichen Planungs- und Umsetzungsständen, weshalb einige bereits im Jahr 2026 und andere in 2027 in Betrieb gehen sollen. Nachfolgend werden die Eckdaten und die Einsatzsituationen der 7 Umsetzungsprojekte im Überblick beschrieben:

Die sieben Demonstratoren und ihre Einsatzsituationen im Überblick:

Polen:

  • Großwärmespeicher in Choszczno (25.000 m³)

Hier wird ein Kohleheizwerk teilweise durch Solarthermie und Wärmepumpen ersetzt. Die Kohlenheizung soll zukünftig nur noch für Spitzenlastabdeckung genutzt werden. Der Speicher soll als Saisonalspeicher betrieben werden.

  • Großwärmespeicher in Bytom (40.000 m³ – 100.000 m³).

Der Speicher soll bivalent mittels Kompressionswärmepumpe und Biomasseheizwerk betrieben werden und den Einsatz von Kohle ersetzen. 

Deutschland:

  • Großwärmespeicher in Hechingen (18.000 m³)

Der Speicher nimmt im Sommerhalbjahr Wärme aus Solarthermie und Geothermie auf und speist im Winterhalbjahr zwei Kompressionswärmepumpen. Die Spitzenlast im Winter wird durch eine Erdgaskesselanlage abgedeckt.Eine Besonderheit dieses Vorhabens ist die Errichtung in einer alten Baugrunddeponie.

  • Großwärmespeicher in Rostock (500.000 m³) 

Der Speicher wird als Teil eines größeren Systems, mit Einbindung von industrieller Abwärme sowie Kompressionswärmepumpen errichtet. Das Gesamtsystem für die Stadt Rostock wird insgesamt fünf Speicher beinhalten, welche sowohl eine Kurzzeit- als auch Langzeitspeicherung ermöglichen.

Serbien:

  • Großwärmespeicher in Pancevo (200.000 m³) 

Der Speicher in Pancevo wird über thermische Solarenergie beladen und in Verbindung mit einer Absorptionswärmepumpe und einem Gaskessel betrieben.

Frankreich:

  • Großwärmespeicher in Pau (350.000 m³) 

Hier wird der Speicher als Kurzzeit- und als Langzeitspeicher betrieben und an industrielle Abwärme sowie eine Kompressionswärmepumpe gekoppelt.

Österreich:

  • Großwärmespeicher in Wien (40.000 m³) 

Wien Energie plant einen Speicher von 40.000 m³ auf der Basis der Erdbeckentechnologie. Die Anlage sollte an das primäre Fernwärmenetz angebunden werden. Die Lade- und Entladestrategie orientiert sich an die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Eigenschaften des Erzeugungsportfolios. 

Die 23 Projektpartner im Überblick:

Das Projekt TREASURE wird von AEE INTEC (Projektleiter Dr. Wim van Helden) geleitet und umfasst insgesamt 23 Projektpartner*innen entlang der Wertschöpfungskette:

Fernwärmebetreiber*innen: 

  • Wien Energie
  • Stadtwerke Hechingen (Deutschland)
  • Stadt Rostock (Deutschland)
  • JKP Grejanje Pancevo (Serbien)
  • Stadt Pau (Frankreich)
  • SEC Region (Polen)

Energiedienstleistungsfirmen: 

  • ENGIE (Frankreich)
  • Newheat (Frankreich)
  • Solid (Österreich), 
  • EUROS Energy (Polen)
  • SEC (Polen)
  • Aalborg CSP (Dänemark)

Bauunternehmen und Bauteilhersteller*innen: 

  • PORR (Österreich)
  • VINCI (Frankreich)
  • Glapor (Deutschland)

Vertreter*innen der europäischen Fernwärmewerke:

  • EuroHeat and Power (Belgien)

Forschungs- und Entwicklungspartner*innen: 

  • AEE INTEC (Österreich)
  • Solites (Deutschland)
  • Hamburg Institut (Deutschland)
  • Technische Universität Dresden 
  • Planergi (Dänemark)
  • DTU (Dänemark)
  • FENIX (Tschechien)

„Es erfüllt uns als AEE Institut für Nachhaltige Technologien natürlich mit Stolz, dass wir ein solch großes Projekt wie TREASURE federführend leitend, an der Entwicklung von Speicher-Konstruktionen und Simulationen, sowie dem gesamten Monitoring mitwirken dürfen. Um den Klimazielen und vor allem dem von der Europäischen Union verordneten Green Deal gerecht zu werden, bedarf es einer weitreichenden Betrachtung von Großwärmespeichertechnologien in Nah- und Fernwärmenetzen. Mit unseren 23 Projektpartner*innen legen wir einen wesentlichen Grundstein für die Zukunft der Wärmeenergie in Europa“, freut sich Projektleiter Wim van Helden anlässlich des Kick-Off-Meetings zum TREASURE Projekt in Graz.