Mehr Anstrengungen bei EU-Stromnetzen nötig

Energiewende braucht Wind im Wald … Weiter Konstantes Preisniveau 2024

Unabhängigkeit braucht Modernisierung

02.04.2025

(PA_Europ. Rechnungshof) – Um die EU in Sachen Energie unabhängiger zu machen und den Klimawandel zu bekämpfen, braucht es ein modernisiertes Stromnetz, in das mehr erneuerbare Energien eingespeist werden können und das für den weiter zunehmenden Stromverbrauch gewappnet ist. Wenn dies gelingen soll, muss die EU größere Anstrengungen unternehmen, wie eine neue Analyse des Europäischen Rechnungshofs zu den Stromnetzen der EU zeigt.

“Ein Großteil des Stromnetzes der EU stammt aus dem letzten Jahrhundert, und fast die Hälfte der Leitungen ist über 40 Jahre alt. Um die Wettbewerbsfähigkeit und Unabhängigkeit der EU sicherzustellen, brauchen wir eine moderne Infrastruktur, die unserer Industrie nutzt und die Preise im Rahmen halten kann”, so Keit Pentus-Rosimannus, die als Mitglied des Europäischen Rechnungshofs für den Bericht zuständig ist. “Die Stromnachfrage in der EU wird sich bis 2050 voraussichtlich mehr als verdoppeln. Erhebliche Investitionen ins Stromnetz sind daher unbedingt erforderlich. Wir müssen jedoch alle Hebel in Bewegung setzen, um den Investitionsbedarf so gering wie möglich zu halten. Neue Technologien, Speichermöglichkeiten und flexiblere Netze können dazu beitragen, die Kosten zu senken.”

Umfangreiche Investitionen in die Netze seien entscheidend, um das alternde Stromnetz der EU zu modernisieren und den Übergang von fossiler zu grüner Energie zu unterstützen. Wenn das derzeitige Tempo anhalte, würden sich die geplanten Investitionen der Netzbetreiber zwischen 2024 und 2050 auf insgesamt 1 871 Milliarden Euro belaufen. Dies sei weniger als der von der EU-Kommission geschätzte Investitionsbedarf, der zwischen 1 994 und 2 294 Milliarden Euro liege. Die Modernisierung müsse beschleunigt werden, sie werde jedoch durch schlechte Netzplanung, langwierige Genehmigungsverfahren, begrenzte öffentliche Akzeptanz sowie einen Mangel an Ausrüstung, Material und qualifizierten Arbeitskräften behindert. Die Prüfer schlagen Abhilfemaßnahmen wie eine bessere Koordinierung von Netzplanungsverfahren, die Straffung von Genehmigungsverfahren und den Einsatz moderner Technik vor.

Eine Optimierung des Stromnetzes könne dazu beitragen, den Investitionsbedarf zu senken, so die Prüfer. Der Druck auf das Netz könne durch eine flexiblere Anpassung an tägliche, wöchentliche und saisonale Schwankungen des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung verringert werden. Dann sei es auch nicht mehr unbedingt erforderlich, das Netz in großem Stil auszubauen. Die Technik biete hier viele Möglichkeiten (z. B. durch Entwicklung und Ausbau neuer Speicherlösungen), auch wenn einige Optionen möglicherweise noch zu teuer seien. Auch ein Ausbau der Verbundnetze zwischen den verschiedenen EU-Ländern solle als Lösungsansatz ins Auge gefasst werden. Instrumente wie intelligente Zähler könnten Nachfragespitzen wirksam ausgleichen, aber ihre Einführung gehe in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor nur schleppend voran. Außerdem könnten Verbraucher, die lokal Strom erzeugen, und Energiegemeinschaften, die gemeinsam Strom erzeugen und verbrauchen, eine wichtige Rolle spielen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen seien für Investitionsentscheidungen sehr wichtig. Finanzierungsregelungen seien besonders wichtig in einer Situation, in der einige Betreiber erhöhten Kreditrisiken ausgesetzt seien und Mühe hätten, Zugang zu den nötigen Vorabinvestitionen zu erhalten. Außerdem werde reguliert, wie viel Betreiber verdienen dürfen und wie sie vergütet werden. Den Nutzern würden gewöhnlich Netztarife in Rechnung gestellt, die es den Betreibern ermöglichten, eine Rendite aus ihren Netzinvestitionen zu erzielen und gleichzeitig den Wertverlust von Anschaffungen sowie die Betriebskosten zu decken. Es sei jedoch eine Herausforderung, einerseits dem Investitionsbedarf gerecht zu werden und andererseits die Stromkosten für die Verbraucher im Rahmen zu halten, insbesondere für Haushalte und Industriebranchen mit hohem Energieverbrauch. Welche langfristigen Auswirkungen Netzinvestitionen und die Einbindung erneuerbarer Energiequellen auf die Stromrechnungen haben werden, lässt sich den Prüfern zufolge kaum vorhersagen (zusätzlich zu den Netztarifen enthalten die Rechnungen auch Steuern und die Stromerzeugungskosten).

Hintergrundinformationen

In den letzten Jahren wurden mehrere Initiativen und Legislativpakete entwickelt, um die Klima- und Energieziele der EU zu erreichen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Notwendigkeit erhöht, Alternativen zu Gas zu finden. Dazu gehört auch die Elektrifizierung der EU-Wirtschaft. Im Haushaltszeitraum 2014–2020 standen EU-Mittel in Höhe von rund 5,3 Milliarden Euro für Investitionen in die Stromnetze zur Verfügung. Zwischen 2021 und 2027 stieg der Betrag auf rund 29,1 Milliarden Euro, was hauptsächlich auf die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) zurückzuführen ist, aus der die meisten Mittel stammen.

Für diese Analyse nutzten die Prüfer öffentlich zugängliche Informationen und Materialien, die speziell dafür zusammengestellt wurden. Sie haben die Netzentwicklungspläne der EU-Länder überprüft und die Daten über die finanzielle Kapazität von Netzbetreibern analysiert. Die Prüfer führten außerdem Informationsbesuche in Deutschland und Italien durch und trafen sich mit der EU-Kommission, nationalen Regulierungsbehörden und anderen wichtigen Interessenträgern, um den aktuellen Zustand der Netze, bewährte Verfahren und Herausforderungen zu analysieren. Die Analyse 01/2025 “Das Stromnetz der EU fit machen für Netto-Null-Emissionen” ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.

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