(PA_Wien Energie) – Strebl: „Einzige nachhaltige Lösung der Energiekrise ist der Weg raus aus Gas“ – 557 Mio. Euro für großes Entlastungspaket – Ergebnis 2022 bei 386 Mio. Euro
2022 war eines der herausforderndsten Jahre in der Geschichte von Wien Energie. Die Energiekrise, geprägt vom russischen Angriffskrieg in der Ukraine, hat zu schwierigsten Marktbedingungen und massiven Verwerfungen geführt. Diese Entwicklungen schlagen sich auf beinahe jede Bilanzkennzahl 2022 nieder. Der Umsatz der Wien Energie GmbH verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr auf 5,9 Milliarden Euro. Der Materialaufwand, großteils die Erdgas-Beschaffungskosten für den Betrieb der Kraftwerke, lag bei über 4,7 Milliarden Euro. Das Jahresergebnis des größten regionalen Energieversorgers liegt für das abgelaufene Geschäftsjahr bei 386 Millionen Euro. Starker Treiber ist dabei die Vermarktung der Stromproduktion, insbesondere im vierten Quartal. Beim Endkund*innengeschäft sind hingegen zum Teil erhebliche Verluste zu verzeichnen. Die Vertriebstochter Wien Energie Vertrieb GmbH & Co KG schließt 2022 mit einem negativen Jahresergebnis von -143 Millionen Euro ab.
„Wien Energie hat das vergangene, schwierige Jahr gut gemeistert. Wir sind ein wirtschaftlich stabiles Unternehmen und das ist auch wichtig, um die Versorgung der Millionenstadt Wien heute und in Zukunft sicherstellen zu können“, betont Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. „Als Unternehmen im öffentlichen Eigentum tragen wir Verantwortung. Wir geben unser Ergebnis über ein millionenschweres Entlastungspaket an unsere Kund*innen weiter. Die nachhaltigste Lösung der Energiekrise ist aber der Weg raus aus Gas: Deshalb investieren wir in den kommenden fünf Jahren mit 1,8 Milliarden Euro so viel wie noch nie in den Umbau unseres Energiesystems.“
Das Marktumfeld brachte 2022 historische Preisspitzen im Strom- und Gashandel, gipfelnd im bekannten „Black Friday“ Ende August. Mittlerweile hat sich die Situation an den Energiemärkten vorerst beruhigt. Auch die Liquiditätssituation von Wien Energie ist stabil, die Bundesmittel mussten nie angegriffen werden und die Stadt Wien-Darlehen wurden 2022 vollständig zurückgezahlt. Die Wirtschaftsprüfer KPMG haben die Bilanz 2022 inkl. aller Geschäftstätigkeiten mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen.
140 Millionen Euro mit direktem Entlastungs-Effekt für die Kund*innen
Wien Energie hat im vergangenen Jahr Preissteigerungen nur teilweise an die Endkund*innen weitergegeben. Die Mehrheit der Bestandskund*innen bei Strom und Gas ist in sehr guten Tarifen mit Preisgarantie, die durch die Treueaktion im Herbst bis heute deutlich unter aktuellen Angeboten liegen. Im gesamten Herbst bis in den Winter war das Unternehmen der günstigste Anbieter im Wiener Raum. Über 80.000 Neukund*innen haben sich im vergangenen Jahr für Wien Energie entschieden.
Für alle Kund*innen bei Strom, Gas und Fernwärme stellt Wien Energie jetzt außerdem ein zusätzliches Energiehilfe-Paket mit einem Gesamtvolumen von 140 Millionen Euro auf. 80 Millionen Euro werden Strom- und Gas-Kund*innen im Sommer in Form von Freienergietagen und Rabatten erhalten. Auch für Gewerbekund*innen wird es Angebote geben. 50 Millionen Euro fließen in einen rückwirkenden Fernwärme-Rabatt. 20 Prozent Grundpreis-Reduktion wird allen Fernwärmekund*innen bei der kommenden Jahresabrechnung gutgeschrieben. Mit weiteren 10 Millionen Euro unterstützt das Unternehmen zudem soziale Härtefälle. Über die sozialen Einrichtungen Caritas, Volkshilfe und Rotes Kreuz sorgen Energiegutscheine zur Abdeckung von Rückständen und laufenden Energiekosten für Entlastung in besonders schwierigen Lebenssituationen. Gemeinsam mit der Wien Energie-Ombudsstelle werden auch die Energiesprechtage in den Sozialeinrichtungen erweitert.
417 Millionen Euro für grüne Investitionen 2023
Weiters wird das Ergebnis genutzt, um den Ausbau in erneuerbare Energien voranzutreiben. Bereits von 2021 auf 2022 konnten die Investitionen um 90 Prozent auf 311 Millionen Euro gesteigert werden. „Wir nehmen in diesem Jahr 417 Millionen Euro für Klimaschutzprojekte in die Hand. Neben langjährigen geplanten Investitionen in der Höhe von 272 Millionen Euro werden wir gemeinsam mit der Wiener Stadtwerke-Gruppe 95 Millionen Euro zusätzlich in regionale, grüne Wasserstoff-Projekte investieren. Außerdem stellen wir einen 50 Millionen-Euro-Topf für den beschleunigten Fernwärmeausbau auf. Wir übernehmen künftig über diesen Zwischenfinanzierungstopf den Ausbau auf eigenes Risiko“, so Strebl.
Milliarden-Investitionsprogramm für den Klimaschutz
Insgesamt investiert Wien Energie in den nächsten fünf Jahren 1,8 Milliarden Euro für die Energiewende. Davon fließen knapp 740 Millionen Euro in den Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung, rund 500 Millionen Euro in erneuerbare Fernwärmeerzeugung und Kreislaufwirtschaft, etwa 190 Millionen Euro in den Ausbau der Fernwärme und Fernkälte sowie dezentrale Lösungen und 240 Millionen Euro in Digitalisierung, Innovation, Elektromobilität und Telekommunikation. 130 Millionen Euro investiert Wien Energie in die Versorgungssicherheit.
Erneuerbaren-Erzeugung weiter ausgebaut: Ökostrom für 635.000 Haushalte
Im vergangenen Jahr hat Wien Energie 43 Photovoltaikanlagen und 8 neue Windkraftanlagen in Betrieb genommen und damit die erneuerbare Erzeugungsleistung weiter auf aktuell 430 Megawatt gesteigert. „Wir bauen unser Erneuerbaren-Portfolio kontinuierlich aus und konnten die 100 Megawatt-Marke bei Photovoltaik und 200 Megawatt-Marke bei Wind knacken! 2023 werden wir im Schnitt jede Woche ein neues Solarkraftwerk und mehr als 30 Megawatt in Betrieb nehmen. Im Windpark Pama setzen wir ein Repowering um und in Kürze beginnt in der Steiermark die Errichtung eines neuen Kleinwasserkraftwerks. Bis 2030 wollen wir mehr als 1.000 Megawatt Leistung aus Erneuerbaren betreiben“, erklärt Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber.
Insgesamt hat Wien Energie im Jahr 2022 die Stromerzeugung mit 6.628,2 Gigawattstunden (GWh) stabil gehalten. Die um 6,5 Prozent leicht erhöhte Stromproduktion der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen lässt sich vor allem auf wetterbedingte Schwankungen zurückzuführen, ebenso der leichte Rückgang bei Wasserkraft. Die Stromerzeugung aus Sonnenenergie konnte um knapp 20 Prozent gesteigert werden. Insgesamt konnten 1.271 GWh Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden. Umgerechnet entspricht das dem Strombedarf von über 635.000 Wiener Haushalten.
Die saisonal stark schwankende Stromproduktion verkauft Wien Energie über Handelsgeschäfte am Energiemarkt – sowohl im bilateralen Handel als auch an den Energiebörsen. Zum Stichtag 31.12.2022 waren 7.900 GWh zu produzierende Positionen aus Termingeschäften im Verkauf, davon 6.166 GWh für das Jahr 2023 und 1.734 GWh für 2024. Alle Stromverkäufe sind mit Gaseinkäufen rückgedeckt und dienen der Absicherung des Grundgeschäfts. Der Stromabsatz 2022 inkl. Beteiligungen lag bei 10.078 GWh.
Klimaneutrale Fernwärme: Vom Rechenzentrum bis zur Kläranlage
Im Gegensatz zum Strom- ist der Fernwärmeabsatz aufgrund des milden Winters um 9,1 Prozent auf 5.791,8 GWh im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen. Zudem hatte die Energiekrise Einfluss auf die Fernwärmeerzeugung. Deutlich stieg etwa der Einsatz der Spitzenkessel um knapp 60 Prozent. Diese wurden im Vorjahr vermehrt mit Heizöl extra leicht betrieben, um die bestehenden Gas-Reserven in der angespannten Lage bestmöglich zu schonen. Der Anteil von Fernwärme aus den gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ist entsprechend etwas zurückgegangen.
„In Zukunft soll die Fernwärme in Wien zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Das ist wichtig für den Klimaschutz, bringt uns in Zukunft aber auch Preisstabilität, weil wir nicht mehr so stark von internationalen Märkten abhängig sind“, so Gruber. „Wir arbeiten deshalb intensiv an der Umsetzung der ersten Tiefengeothermie-Anlage in Aspern, nehmen noch heuer die stärkste Großwärmepumpe Europas in Simmering in Teilbetrieb und werden ebenfalls 2023 den ersten eigenen grünen Wasserstoff produzieren.“
2022 startete die Abwärmenutzung bei der Therme Wien, ebenso wie eine neue Power2Heat-Anlage in der Spittelau. In Betrieb gehen wird in diesem Jahr außerdem ein innovatives Abwärme-Projekt bei der Klinik Floridsdorf, bei dem Wien Energie die Abwärme des Rechenzentrums Digital Realty nutzt. Geplant wird zudem der Bau einer weiteren Großwärmepumpe in der Spittelau. Auch der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch in einer Kraftwerksturbine wird im Sommer im Kraftwerk Donaustadt durchgeführt. Bereits 2030 soll mehr als die Hälfte der Wiener Fernwärme aus erneuerbaren Quellen kommen. 2040 wird die Fernwärme klimaneutral erzeugt werden.
Forcierung von Kreislaufwirtschaft für mehr Rohstoff-Unabhängigkeit
Neben dem Ausbau neuer Erzeugungsanlagen gilt es aber auch, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Ein starkes Entwicklungsfeld sieht Wien Energie deshalb im Bereich Kreislaufwirtschaft. Vor kurzem konnte in der Waste2Value-Forschungsanlage der erste Treibstoff aus natürlichem Abfall produziert werden. Mit einer Klärschlamm-Trocknungsanlage will der Energiedienstleister außerdem vermehrt und noch effizienter Klärschlämme aus Wien und Umgebung thermisch verwerten können. Noch 2023 geht die Anlage in Betrieb. Im Forschungs- und Analysebereich werden zudem die Themen Phosphor-Recycling und Carbon Capture-Technologien forciert.