... durch fehlenden Rechtsrahmen

11.03.2022
v.li.: BM Leonore Gewessler, Vertreter des Kompost & Biogas Verbandes

(PA_KBVÖ) – Der Angriff Russlands auf die Ukraine ließ auch den österreichischen Ölkonzern OMV seine Investitionsstrategie neu bewerten. Vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass Russland künftig keine Kernregion mehr für den Konzern sei und die OMV somit keine Investitionen mehr in Russland verfolgt. Eine Entscheidung, die aufgrund der tragischen Situation in der Ukraine und des unvorstellbaren Leids, welches der Krieg für viele Menschen bedeutet, mehr als zu begrüßen ist.

Um die Versorgungssicherheit Österreichs weiterhin zu gewährleisten und einen Schritt hin zur Unabhängigkeit von fossilen Importen zu schaffen, braucht es eine Umstellung der Bezugsquellen unserer Energieträger. Erneuerbare Gase wie etwa Biomethan aus Biogas, Klärgas und Holzgas oder grüner Wasserstoff aus inländischer Herkunft schaffen es mittelfristig, den nationalen Gasbedarf zu einem Guteil zu decken. Aktuell werden jährlich rund 125 GWh an erneuerbarem Gas aus inländischer Erzeugung ins Erdgasnetz gespeist. Bei einem Inlandsgasverbrauch von knapp 100 TWh entspricht der Erneuerbaren-Anteil nur gering mehr als 0,1%. Dieser Anteil könnte bereits deutlich höher liegen, wäre ein entsprechender Rechtsrahmen für Investitionen in den Ausbau einer inländischen Grüngasproduktion geschaffen worden.

Druck auf OMV steigt

Durch den Ausstieg aus der Beteiligung am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie an der Finanzierung der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream 2 wird seitens der OMV eine Wertanpassung von 1,5 bis 1,8 Mrd. € erwartet. Die OMV sei bemüht, alternative Bezugsquellen zu identifizieren und zu erschließen, hieß es in einer Stellungnahme vom 05. März. Doch langfristige Investitionen in fossile Energieträger werden in Anbetracht der vereinbarten Klimaneutralität Österreichs bis 2040 und Ratifizierung des Paris Abkommens automatisch zu Fehlinvestitionen. Neue Importmöglichkeiten von Erdgas bedürfen auch neuer Erdgastransportleitungen von den neuen Erdgasfeldern zumindest bis zum Erdgasverteilerkreuz Österreichs. Österreich bezieht rund 80 Prozent des heimischen Gasverbrauchs aus Russland und zählt somit zu den EU-Mitgliedsstaaten mit der höchsten Abhängigkeit gegenüber russischen Importen.

Eine groß angelegte Planung und der Bau von neuen Erdgastransportleitungssystemen dauert viele Jahre, eine entsprechende Gaslieferung aus diesen alternativen Quellen kann daher kaum vor 2030 erwartet werden. Somit verbleiben gerade einmal 10 Jahre, um Investitionen in Milliardenhöhe zu refinanzieren bevor auf Grund der Klimaneutralität keine fossilen Energieträger mehr Anwendung finden werden.

In Erneuerbare investieren

Diese Investitionen wären besser in Österreich aufgehoben, da sie einerseits einen Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit bedeuten und andererseits die heimische Wertschöpfung steigern. Alleine mit den angeführten stranded investments könnte man in Österreich Erzeugungskapazitäten für eine jährliche Produktion von 700 Mio. m³ erneuerbare Gase aufbauen. 

Österreich verfügt sowohl über das Potenzial als auch bereits heute über die nötigen Spitzentechnologien im Bereich der organischen Abfallbehandlung, Nutzung von Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft und der Gasaufbereitung um zukünftig 40% des aktuellen Gasverbrauchs alleine mit Biomethan aus inländischer Produktion zu decken.

Damit diese Investitionen auch getätigt werden können bedarf es nun eines entsprechendem Rechtsrahmens für den Ausbau inländischer erneuerbarer Gase. Dieser notwendige Rechtsrahmen ist das Fundament für Investitionen in eine Energie-Unabhängigkeit Österreichs und in die Steigerung der inländischen Wertschöpfung.

Fehlkurs: Verschiebung der fossilen Importabhängigkeit

Die EU plant künftig, zwei Drittel des europäischen Importbedarfs von Erdgas aus Russland durch alternative Quellen wie beispielsweise LNG (verflüssigtes Erdgas) zu decken. Eine Umstellung der Importstrategie auf LNG aus anderen Krisenregionen wie Katar würde die Abhängigkeit jedoch nur verschieben. Um kurzfristig in Europa Gasmengen aus LNG beziehen zu können, müssen außerdem die bestehenden Transportströme umgelenkt werden. Diese Umlenkung erfolgt auf den Märkten rein preisgetrieben – geliefert wird an die Meistbieter.

Eine rasche Erhöhung der LNG-Kapazitäten ist gelinde gesagt sehr unrealistisch. Der Aufbau der Infrastruktur und der benötigten Tanker wird höchst wahrscheinlich weit in die 2030er Jahre hinein andauern. Somit zeigt sich, dass ein groß angelegter Ausbau der fossil basierten Kapazitäten keine Alternative darstellt, um mittel- bis langfristig die nötigen Gaslieferungen zu decken, sondern viel mehr den Ankauf weiterer fossiler Energie über Jahrzehnte zementiert.

40% Biogas möglich

Alternativen zu fossiler Energie sind vorhanden! Österreich verfügt über ein sehr hohes Potenzial an organischen Abfällen und Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft für die Erzeugung inländischer erneuerbarer Gase. Nach wie vor besteht der Restmüll Österreichs aus bis zu 40 % aus biogenen Abfällen. Organische Abfälle und Reststoffe stehen in keiner Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion, im Gegenteil, durch die Sammlung und Vergärung dieser Materialien können die darin enthaltenen Nährstoffe im Kreislauf gehalten werden und dadurch die Importnotwendigkeit mineralischer Dünger substituieren. Durch diese Nährstoffrückführung könnten bis zu 75% der nationalen Weizenproduktion mit in Österreich anfallenden organischen Düngern versorgt werden und so ein wesentlicher Beitrag zur Kreislaufwirtschaft beigetragen werden.

Anstatt Importabhängigkeiten von einer Region in die nächste zu verschieben, muss die prioritäre Mobilisierung von erneuerbaren Gasen aus Österreich sichergestellt werden. Die Verwertung organischer Abfälle und Reststoffe der Land- und Forstwirtschaft stellt den ersten Schritt zur notwendigen Unabhängigkeit dar. Mit Biomethan aus Biogas, Klärgas und Holzgas können zukünftig insgesamt 40% des Gasinlandsverbrauchs gedeckt werden. Alleine die Umstellung bestehender Biogasanlagen auf die Gasnetzeinspeisung würde eine Produktion von 100 Mio. m3 erneuerbarem Gas in und aus Österreich innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre bedeuten.

Die Umstellung der Bezugsquellen unserer Energieträger wird Geld kosten. Die Frage ist, wo wir dieses Geld investieren. Langfristige Investitionen in fossile Energieträger werden in Anbetracht der geplanten Klimaneutralität Österreichs bis 2040 automatisch zu Fehlinvestitionen. Mit einer nennenswerten Gaslieferung aus alternativen aber fossilen Quellen kann nicht vor 2030 gerechnet werden. Getätigte Investitionen müssten somit innerhalb eines Jahrzehnts refinanziert werden – da mit 2040 Klimaneutralität gilt. Diese Investitionen wären besser in Österreich aufgehoben um einen bedeutsamen Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit zu gehen und gleichzeitig die heimische Wertschöpfung zu steigern. Die Zeit in die nationale erneuerbare Gasaufbringung zu investieren ist jetzt!

Weitere Artikel:

Bis zu 40% Biogas möglich