Pünktlich zum Start der Heizsaison, kocht das Thema Feinstaub immer wieder auf, auch wenn das heuer durch die Covid-19-Dominanz in den Medien recht schaumgebremst ausfällt. Dabei lassen viele Beiträge und Diskussionen die (eigentlich angebrachte) Sachlichkeit vermissen. In diesem Artikel soll daher der aktuelle Kenntnisstand zum Thema Feinstaub aus Holzfeuerungen zusammengefasst und auch ein Blick in Zukunft gewagt werden.
Das österreichische Umweltbundesamt (UBA) erstellt jährlich die österreichische Luftschadstoff-Inventur (OLI), in der die Quellen unterschiedlicher Luftschadstoffe erhoben werden. Aufgrund der Komplexität dieser Aufgabe müssen für die Erstellung solcher Emissionsinventuren methodische Vereinfachungen angewendet werden. So werden zum Beispiel für Quellen, die in hoher Zahl vorkommen (wie etwa Heizungsanlagen, aber auch Kraftfahrzeuge), ähnliche Gruppen zusammengefasst und dann mit durchschnittlichen Emissionswerten je Gruppe die Gesamtemissionen berechnet. Konkret benötigen Emissionsinventuren also für alle relevanten Emissionsquellen oder deren Untergruppen (zum Beispiel unterschiedliche Heizungsanlagentypen) zwei Berechnungsparameter: einen repräsentativen Emissionsfaktor und die zugehörigen Aktivitätsdaten.
Was versteht man unter diesen Begriffen? Der Emissionsfaktor einer Emissionsquelle gibt an, welche Menge eines bestimmten Schadstoffs pro Aktivitätseinheit im Mittel freigesetzt wird. Das können bei Fahrzeugen etwa Milligramm pro gefahrenem Kilometer (mg/km) sein oder Kilogramm pro Terajoule eingesetzter Brennstoffenergie (kg/TJ), wie bei Holzfeuerungen. Die Aktivitätsdaten wiederum beziffern die Menge einer bestimmten Aktivität im Betrachtungszeitraum; typischerweise ein Jahr. Das sind dann die gefahrenen Kilometer für Kraftfahrzeuge oder die Terajoule Brennstoffenergie, die in dem jeweiligen Jahr in der Emissionsquellengruppe verbrannt wurden. Emissionsfaktor mal Aktivitätskoeffizient ergibt dann die jährliche Gesamtemission eines bestimmten Schadstoffs für eine bestimmte Emissionsquelle. Summiert man alle Quellen für einen Schadstoff, erhält man die jährliche Gesamtemission des Schadstoffs in Österreich.
Feinstaub aus Holzfeuerungen – die Fakten
Wie sieht das nun für die Holzfeuerungen aus? Bis vor wenigen Jahren gab es für diese Emissionsquelle nur einen gemittelten Emissionsfaktor. Dieser musste so gewählt werden, dass er die „mittlere Holzfeuerung“ in Österreich repräsentiert. Bedenkt man die große Bandbreite an Feuerungen, vom offenen Kamin bis zur vollautomatisierten Heizungsanlage, wird klar, dass die Ermittlung so eines einheitlichen Faktors immens schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist.
Seit einigen Jahren hat das Umweltbundesamt daher die Berechnung umgestellt, und es wurden für die Emissionsquelle Kleinfeuerungen mehrere Untergruppen definiert, die jeweils eigene Emissionsfaktoren und Aktivitätswerte zugeordnet bekommen haben. So ist es möglich, homogenere Gruppen getrennt zu berechnen und erst am Ende zu einer Gesamtsumme für die Quelle zusammenzuführen. Trotzdem bleibt die Ermittlung repräsentativer Emissionsfaktoren und zugehöriger Aktivitätsdaten eine komplexe Aufgabe, und die Ergebnisse dieser Modellrechnung mit relativ hohen Unsicherheiten behaftet. Das zeigt sich auch dadurch, dass die Berechnungsmethodik laufend aktualisiert und angepasst wird und sich die Ergebnisse von Jahr zu Jahr dadurch zum Teil erheblich ändern können. Eine derartige signifikante Anpassung wurde vor Kurzem auch für die Kleinfeuerungen gemacht – dazu aber später mehr.
Ein Ergebnis der österreichischen Luftschadstoff-Inventur zeigt Abbildung 1. Hier werden die wichtigsten Emissionsquellen für Feinstaub (PM10 = Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner 10 µm) dargestellt. Demnach wurden 2017 insgesamt 27.930 t Feinstaub in Österreich emittiert. Davon entfielen 7.350 t oder 26% auf Kleinfeuerungen, die damit nach der Industrie die wichtigste Quelle für Feinstaub in Österreich darstellen. In der Emissionsgruppe Kleinfeuerungen sind Holzfeuerungen mit 95% die Hauptverursacher von Partikelemissionen. Was auf den ersten Blick auffällt, ist dabei der sehr hohe Anteil von so genannten „multi-fuel boilers“, die in Österreich gerne als Allesbrenner bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um veraltete Stückgut-Feuerungen die aufgrund ihrer hohen Emissionen seit vielen Jahren nicht mehr verkauft werden dürfen. Diese Kesseltype trägt aber mit 68 % den mit Abstand größten Anteil an PM10-Emissionen aus Kleinfeuerungen bei. Gleichzeitig sind die Anteile moderner Kessel bei 3,6 % und moderner Öfen und Herde bei 4,3 % der Gesamtemissionen vergleichsweise gering.
Verbesserungspotenzial Emissionsinventur
Im Factsheet Staubemissionen stellten Markus Schwarz und Christoph Strasser (BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH) letztes Jahr fest, dass es in der österreichischen Luftschadstoff-Inventur für Staub durchaus Verbesserungspotenzial im Bereich der Holzfeuerungen gibt. Beispielsweise wird nach ihrer Einschätzung der Anlagenbestand an Holzheizungen als deutlich zu alt angenommen, was dazu führt, dass der Emissionsbeitrag durch alte Allesbrenner deutlich zu hoch ausfällt. Ihre Argumentation, wonach diese Gerätetechnologie seit Mitte der 90er-Jahre nicht mehr als Hauptheizsystem eingesetzt werden darf, ist durchaus schlüssig. Der Anteil dieser Geräte im Bestand müsste demnach – selbst bei sehr langen angenommenen Lebensdauern – heute deutlich unter 50 % liegen und nicht bei 90 %, wie in der Emissionsinventur für 2017.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die verwendeten Emissionsfaktoren. Hier werden zum Teil europäische Durchschnittswerte verwendet, die der Qualität moderner Feuerungen österreichischer Hersteller nicht gerecht werden. Welche Leistungen moderne Feuerungen in der Praxis tatsächlich erbringen, haben einige nationale und internationale Forschungsprojekte in den letzten Jahren eindrücklich gezeigt. In Abbildung 2 werden die offiziellen Emissionsfaktoren der Österreichischen Luftschadstoff-Inventur (OLI) mit Emissionsfaktoren moderner Feuerungen verglichen – die Unterschiede sind zum Teil beträchtlich.
Auf Basis dieser Erkenntnisse konnten Schwarz und Strasser die Emissionsinventur für Österreich „neu“ berechnen. Das Ergebnis dieser Berechnung zeigt eine Reduktion der Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungen von 7.350 t auf 5.318 t. Auch die Verteilung der Emissionsbeiträge ändert sich deutlich, weil der Anteil der Allesbrenner signifikant zurückgeht und dadurch ein realistischeres Bild entsteht, wie in Abbildung 3 ersichtlich. Details zu dieser Neuberechnung finden sich im Factsheet Staubemissionen (best-research.eu).
Offensichtlich können auch die ExpertInnen im Umweltbundesamt diesen Verbesserungsvorschlägen einiges abgewinnen. Im vor wenigen Wochen veröffentlichten Informative Inventory Report 2020 zur österreichischen Luftschadstoff-Inventur für 2018 hat das Umweltbundesamt bereits eine signifikante Korrektur vorgenommen und den Anteil der veralteten Kesseltechnologie Allesbrenner auf 56% zugunsten moderner Stückholzkessel reduziert (statt 90% wie noch 2017).
Wie geht es weiter – ein Blick in die Zukunft?
Glaubt man den Plänen der österreichischen Bundesregierung, so ist der Weg in eine fossilfreie Raumwärmezukunft endlich besiegelt. Dieser Ausstieg aus Heizöl und Erdgas für Raumwärmezwecke bedeutet gleichzeitig einen höheren Anteil an Holzheizungen. So weit, so gut, nur was bedeutet das für die Feinstaubsituation in Österreich? Auch dieser Frage widmen sich Schwarz und Strasser und stützen ihre Berechnungen dabei auf die viel beachtete Studie „Wärmezukunft 2050“ der Energy Economics Group der TU Wien. In dieser Studie wurde lange vor der Entstehung des aktuellen Regierungsprogramms der Weg zur Dekarbonisierung des Raumwärmesektors in Österreich auf wissenschaftlicher Basis skizziert. Abbildung 4 zeigt zwei wesentliche Ergebnisse dieser Arbeit: die obere Grafik zeigt, wie die Anteile der erneuerbaren Energieformen am Endenergieverbrauch ansteigen und die fossilen Energieträger bis 2050 komplett verschwinden. Für Holzbrennstoffe prognostiziert die Studie in Summe einen Anstieg, wobei dieser hauptsächlich durch starke Zuwächse bei Pellets geprägt ist, während Stückholz anteilsmäßig zurückgehen wird. In der zweiten Abbildung ist der absolute Endenergieeinsatz unterschiedlicher Energieträger aufgetragen. Hier sieht man, dass trotz der wachsenden relativen Anteile die absolute Menge an benötigten biogenen Brennstoffen sogar leicht zurückgehen wird. Grund dafür ist der angenommene Effekt thermischer Sanierung bestehender Gebäude und energieeffizienter Neubauten. Die Autoren der Studie betonen, dass die Effizienzsteigerung im Gebäudebereich einen wesentlichen Erfolgsfaktor auf dem Weg zur vollständigen Dekarbonisierung des Raumwärmesektors darstellt. Ein Blick auf die aktuellen Sanierungsraten von Gebäuden offenbart hier noch einen beträchtlichen Handlungsbedarf.
Schwarz und Strasser haben in ihrem Factsheet Staubemissionen dieses Wärmewende-Szenarios dazu verwendet, eine Prognose der PM10 Emissionen aus Kleinfeuerungen bis 2050 zu erstellen. Sie verwendeten dafür die Methodik der offiziellen Luftschadstoff-Inventur. Die Emissionsfaktoren für moderne Heizanlagen wurden für diesen langen Zeitraum als konstant angenommen, also keine weiteren Verbesserungen hinterlegt. Das entspricht einem sehr vorsichtigen Ansatz, insbesondere, wenn man die aktuellen Entwicklungen der österreichischen Kesseltechnologie in Richtung „ultra-low-emission“ betrachtet.
Abbildung 5 zeigt die Reduktion der PM10-Emissionen aus Kleinfeuerungen durch die Neuberechnung mit aktualisierten Emissionsfaktoren sowie das Ergebnis der Szenario-Rechnung über den zukünftigen Verlauf der Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungen in Österreich. Der Trend zeigt ganz klar nach unten, und im Zieljahr 2050 sinken die prognostizierten PM10-Emissionen auf unter 1000 t/a. Das entspricht einer Reduktion von 90 % gegenüber der UBA-Bilanz für 2017 und 86 % gegenüber der Neuberechnung für 2017. Die wesentlichen Faktoren für diesen Trend sind einerseits die Reduktion des Heizenergiebedarfs durch die thermische Verbesserung des Gebäudebestands, wie er in der Wärmezukunft 2050-Studie angenommen wird. Zum anderen trägt der Austausch von veralteten Heizkesseln natürlich wesentlich zu diesem Verlauf bei. Sollte entsprechend den aktuellen Zielsetzungen des Regierungsprogramms dieses Ziel deutlich früher erreicht werden – umso besser!
Praxisbeispiel Kesseltausch – kleine Maßnahme, großer Effekt
Die Ergebnisse der Modellrechnung für die Entwicklung der Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungen sind für viele vielleicht überraschend. Wie kann der Austausch von Öl- und Gasheizungen gegen Holzheizungen zu niedrigeren Partikelemissionen führen? Um dieses Ergebnis zu verdeutlichen, konnten wir in Zusammenarbeit mit einem österreichischen Holzkesselhersteller für eine Stichprobe von 50 Kesseltausch-Fällen Daten erheben, wie etwa: Welcher Kessel wurde eingebaut, welches Altgerät ausgetauscht, wie hoch war der durchschnittliche Brennstoffverbrauch usw. Abbildung 6 zeigt die Anlagentypen der ausgetauschten Altgeräte sowie der neu installierten Heizanlagen. Dabei wird klar, dass neben den alten Ölheizungen der Austausch von alten Stückgutkesseln einen sehr wichtigen Markt darstellt.
Mit Hilfe dieser Informationen war es möglich, einen Vergleich der Emissionen vor und nach dem Kesseltausch auf Basis der offiziellen Berechnungsfaktoren der österreichischen Luftschadstoff-Inventur anzustellen. Abbildung 7 zeigt die Ergebnisse dieses Austauschs für Kohlendioxid (CO2)-Emissionen (nicht erneuerbar) und Staubemissionen. Für CO2 ergibt sich durch den Austausch eine Reduktion um mehr als 70 %. Dabei werden für alle Holzbrennstoffe die Emissionen der gesamten Vorketten miteinbezogen. Auch für Staub errechnet sich eine Reduktion um fast 50 %. Klimaschutz und Verbesserung der Luftqualität können also gemeinsam realisiert werden, und stehen nicht, wie manchmal suggeriert, im Widerspruch. Grund dafür sind die enormen Verbesserungen beim Emissionsverhalten, die mit dem Austausch eines alten Stückgutkessels gegen eine moderne Heizungsanlage einhergehen. So können zum Beispiel für jeden getauschten Allesbrenner etwa 8-10 Heizölkessel gegen Pelletkessel getauscht werden, ohne höhere Feinstaubemissionen zu verursachen.
Ende gut, alles gut?
Bedeutet dieser Ausblick nun, dass die Branche sich zurücklehnen und abwarten kann, bis das Feinstaub-Problem endgültig verschwunden ist? Natürlich ist das nicht so, und wenn man die aktuellen Produktneuheiten verfolgt, zeigt sich auch, dass Emissionsreduktion nach wie vor sehr prominent auf der Entwicklungsagenda österreichischer Hersteller steht.
Darüber hinaus sind österreichweit sinkende Emissionen aus Kleinfeuerungen keine Lösung für lokale Luftqualitätsprobleme. Viele von uns kennen stark rauchende Kamine, die an manchen Tagen bei ungünstiger Wetterlage die ganze Umgebung in Rauchschwaden hüllen. Solche „schwarzen Schafe“ mögen in der Summe an Feuerungen in Österreich nur wenig ins Gewicht fallen, für die Nachbarn stellen die aber oft eine massive Belästigung bis hin zur schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigung dar. Gründe für solche Negativbeispiele sind vielfältig und reichen von veralteter Technik über ungeeignete Brennstoffe bis hin zu absichtlichen oder unabsichtlichen Fehlbedienungen. So vielfältig die möglichen Gründe für die hohen Emissionen sind, so schwierig ist es, gegen sie vorzugehen. Anzeigen oder Beschwerden führen nur selten zum Ziel. Ein gut abgestimmtes Konzept zur schnellen Reduktion solcher Ausnahmefälle wäre daher wünschenswert. So eine Strategie sollte jedenfalls einen Plan für den verpflichtenden Austausch alter Geräte, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, wie auch Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung bei den Betreibern/BetreiberInnen beinhalten. Denn gerade für manuell betriebene Heizgeräte spielt der Einfluss der NutzerInnen die wichtigste Rolle im Hinblick auf das Emissionsverhalten.
Fazit: Kesseltausch und Bewusstseinsbildung
Die Erstellung einer nationalen Emissionsinventur ist ein sehr komplexes Unterfangen, das methodisch laufend angepasst und verbessert werden muss. Das Ergebnis am Ende bleibt aber immer eine bestmögliche Abschätzung. Bei allen Unsicherheiten belegen die Ergebnisse der letzten Jahre aber eindeutig, dass Holzheizungen eine wesentliche Quelle für Feinstaub in Österreich darstellen. Auch klar ist, dass nicht die modernen Feuerungsanlagen das Problem sind, sondern veraltete Technologien, die um ein Vielfaches höhere Emissionswerte aufweisen. Der forcierte Austausch von fossilen Heizungsanlagen gegen Holzheizungen muss uns trotzdem keine Sorgen im Hinblick auf die Luftqualität bereiten. Die Modelle zeigen, dass der laufende Austausch alter Holzheizungen gegen moderne Kessel wesentlich höhere Emissionsreduktionen bringt als die geringfügig höheren Emissionswerte moderner Anlagen im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen. Der wissenschaftlich fundierte Blick in die Feinstaub-Zukunft zeichnet daher ein sehr positives Bild – das Feinstaub-Problem dürfte sich in absehbarer Zeit im wahrsten Sinn des Wortes in saubere Luft auflösen. Wie so oft, gibt es auch hier ein „Aber“: Der Austausch von alten Geräten und die Bewusstseinsbildung bei den Nutzern/NutzerInnen muss konsequent über unterschiedliche Maßnahmen vorangetrieben werden.